In der vergangenen Woche hatte ich ein Coaching mit einem wunderbaren Menschen, der sein Leben vergessen hatte. Er war schon ein bisschen zusammen gefaltet als ich ihn vor Jahren kennenlernte. Aber inzwischen ging er schon fast gebückt, weil er so viel Last trug. Freiwillig und auch unfreiwillig und auch aus Gründen, die ihm nicht bewusst waren.
Wir tragen alle sehr viel mit uns herum. Keineswegs nur die Lasten, die aus Pflichten bestehen. Auch die Sorgen. Auch die ungelösten Kränkungen aus unserer Vergangenheit. Auch die auferlegten moralischen Verpflichtungen. Auch die Menschen, die wir uns als „Sorgenkinder“ in unser Leben geholt haben. Und vor allem auch unbewusste Muster, die wir schon seit Kindheit haben und die niemals an eine Oberfläche kommen können, weil sie sehr früh geprägt wurden.
Dabei geht uns mehr und mehr der Zugang zu uns selbst verloren, verlieren wir die Lebensfreude und die Freiheit im Herz, die Spontanität und ganz oft auch die Genussfähigkeit.
Auch mein Coachee sagte im Vorgespräch, dass er keinen Spielraum mehr sieht, etwas zu verändern, weil er ja all diese Dinge „muss“ und sich auch verantwortlich fühlt, dass es allen gut geht, dass alle haben, an was sie sich (und er sie) auch gewöhnt haben. Das Leben ist ja bei uns allen durch organisiert, auch festgemacht an Verträge,Versprechen und Verpflichtungen.
Es gibt etwas, das ganz früh geprägt wird: Eine Wenn-Dann-Reizreaktion. Schon im Alter zwischen Geburt und dem sechsten Lebensjahr beginnen wir, das Leben verstehen zu wollen. Etwas passiert und wir leiten daraus Schlussfolgerungen ab. Das passiert keineswegs in einer „erwachsenen“ und überlegten Weise, vielmehr re-agieren wir auf das, was sich im Aussen zeigt.
Ein ganz einfaches Beispiel: Wenn das Baby lächelt und alle glücklich sind und zurück lächeln, könnte es den Eindruck haben, dass man nur lächeln muss und alles so leicht bekommen wird.
Und im eher schwierigeren Fall: Die Mama/der Papa sind gerade scheinbar unglücklich und das Kind „tut“ etwas, damit sich die Stimmung zum Positiven wendet. Diese Menschen werden im späteren Leben verlässliche Arbeitstiere und „Soldaten“. Sie tun und tun – ihr Leben lang – und stellen diese Leistung nie mehr in Frage. Aber: Sie vergessen den Grund, warum sie endlos tun und das Tun wird zum Selbstläufer. Der ursprüngliche Grund ist schon lange vorbei. Die Motivation des Kindes war situativ für Erleichterung zu sorgen. Nun aber leistet der Mensch auch als Erwachsener viel mehr als es für seine Ressourcen und sein eigenes Glück gesund ist.
Jetzt kommen wir zum „eigentlich“. Eigentlich war das Kind bis zu dem Moment, in dem es anfing zu leisten um Liebe zu bekommen, ein fröhliches und offenes, spontanes und wildes Kind. Das wird nun zugunsten der „Aufopferung“ aufgegeben. Die kleine wilde, freie, verspielte Seele schreit (in Form von Sehnsucht, Sabotage, innerem Groll auf das eigene Tun) um das Verändern der Muster. Aber das geht nicht mehr. Der Arbeitsdrang hat längst den Autopilot übernommen.
Das „Joch“ wird getragen…

Was und wieviel meinst Du zu müssen?
Was meinst Du muss unbedingt sein – und aus welchem Grund?
Wozu fühlst Du Dich verpflichtet?
Vor allem aber: WOZU hast Du Lust?
Es ist vollkommen okay, fleissig und energiegeladen zu sein, vielen Menschen eine Freude zu machen, immer mit anzupacken, gerne für alle da zu sein, fleissig zu sein, viel zu arbeiten, viel zu bewegen, wenn, ja: WENN
es Deiner Lebensfreude dient!
Wenn Du Lust und Spass und eigene Motivation dafür hast, was Du tust, dann musst Du es tun!
Aber wenn Du das Joch trägst für Dich und andere und andere sogar noch darauf abladen und sich auf Dich verlassen! Dann musst Du es hinterfragen!
Wenn Du wegen diesem Joch schon ganz gebückt gehst und Du meinst, keinen Spielraum zu haben es abzusetzen dann musst Du es klären ob das wirklich Deine Aufgabe ist.
Eigentlich ist es ganz einfach: Frage Dich bei allem, was Du tust: Vergrössert das meine Lebensfreude? Fühle ich mich glücklich dabei? Mache ich das, um mein Leben zu verbessern oder zu erleichtern?
Mein Coachee hat sich wieder gefunden in den eigenen Entscheidungen, dem eigenen Spielraum in seinem grossen schönen Herz. In seinem eigenen Glück. In seiner eigenen Liebe. In seinem schönen Wesen.
Das Joch hat er in grossem Bogen weg geworfen. Er geht jetzt im wahrsten Sinne erleichtert und freudvoll in sein eigenes Leben. Der Spielraum ist in ihm.
Er soll ewig ewig jubelnd fliegen!
Willkommen in der Adlerperspektive.
