Pflicht und Kür

In der vergangenen Woche sprach ich mit einer wunderbaren Frau, die unter der Last vieler vieler Pflichten zu ersticken droht. Es ist kein ungewöhnlicher Lebenslauf, sie muss Kind und Job, Sorge um und für die Eltern und das Zuhause Management unter einen Hut bringen. Ohne Begleitung durch einen Lebenspartner.

Sie wünschte sich, im Coaching eine Balance zu finden. Aber: Man kann nur ausbalancieren, wenn es verschiedene Kräfte gibt. Ihre Waage aber pendelte nur in eine Richtung – zu der Last, der Schwere der Pflichten. Die Liste ihrer To-Do’s war so lange, dass sie gar nicht mehr weiss, was ihr noch Spass machen könnte, danach stellte sich die Frage schon gar nicht. Als ich sie so ansah vermisste ich das Lebendige, das Glitzern in ihren Augen.

Wir haben alle sehr sehr viel Last in unserem Leben. Das Meiste davon ist selbst gewählt. Da erinnere ich mich an eine Dame mit mehreren Wohnsitzen die hin und her pendeln musste um die Häuser zu beleben, zu überwachen und dafür zu sorgen, dass sie alle gut gepflegt wurden. Oder einen Klienten, der Stunden damit verbrachte, seinen Fuhrpark instand zu halten. Oder einige Freunde, die ihren vielen Tieren gerecht werden wollten. Zusätzlich zu Job und Familie, Freundeseinladungen und gesellschaftlichen Verpflichtungen. Und dann gibt es Menschen, die ihr Zuhause niemals verlassen ohne dass alles tiptop organisiert und aufgeräumt ist. Und die akribische Planung von Ausflügen und Reisen zu einer detailgerechten mathematischen Aufgabe machen.

Wie viel Pflicht – und wieviel Kür

gibt es in Deinem Leben?

Der Begriff Pflicht und Kür kommt aus dem Eiskunstlauf. Da verlangt die Regie eines Turniers, zuerst ein Pflichtprogramm aus verschiedenen Techniken und Sprüngen zu zeigen und danach darf der Eistänzer eine Choreographie seiner Wahl zeigen.

Wir alle haben diese beiden Elemente in unserem Alltag. Es muss sehr viel erledigt werden, bevor wir uns mit Freizeit und Spass belohnen dürfen. So geht es uns auch jedes Jahr mit dem Urlaub. In der Regel arbeiten wir bis zum letzten Moment so viel wie möglich, um dann im Urlaub endlich einmal nur das zu tun, was unser Herz sich wünscht. Dann brauchen wir zunächst einmal Erholung vom Stress, bis dann das Kernstück der Ferien kommt: Dem Herzen folgen. Ganz egal ob es dann „dolce far niente“ oder etwas Sportliches und Kulturelles wird.

Das ist keine Balance, das ist ein gegensätzliches Spielen mit Elementen.

Und wie einfach wäre, wenn wir ein bisschen mehr loslassen könnten bei den Pflichten, wenn wir nicht ganz so perfektionistisch und streng mit uns wären.

Es gibt eine Strömung, die schon früh von verschiedenen Branchen entdeckt wurde und die viel Freies ermöglicht: Die Kunst des Weglassens.

Der Bauhaus Stil in der Architektur kam ohne Schnickschnack aus. Später wurde das Essentielle in vielen Varianten aufgegriffen. Hemingway schrieb schon auf das Nötigste reduziert. Er sagte: Lass weg, was ohnehin klar ist. Auch Steve Jobs hat seine Appleprodukte immer mehr vereinfacht, reduziert und dem Benutzer ein gewisses Mass an eigenem Kombinieren zugemutet.

„Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzuzufügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann“. Dieser von Antoine de Saint-Exupéry formulierte Maßstab offenbart ein gewisses Veredelungspotential.

In einer komplexen Welt ist es absolut lebensverbessernd, Dinge weg zu lassen und „nur noch“ das Wichtigste zu tun.

Wie sehr kannst Du noch reduzieren?

Was könntest Du weglassen?
Was könntest Du loslassen?

Spürst Du, wie schon alleine der Gedanke daran, etwas loszulassen, das zu viel Pflicht von Dir verlangt, Dich leicht und frei macht?

Und wirst Du das Dir zuliebe tun?

Willkommen in der Adlerperspektive.

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