Letzte Woche traf ich einen hungrigen Coachee. Eigentlich hat er ein sehr gutes Leben. Eine hübsche, liebe Frau, zwei tolle Kinder, einen gutbezahlten Job, Eigenheim und gesunden Background, keinerlei Probleme weit und breit. Aber trotz all dem wunderbaren Leben hungert er gewaltig. So sehr, dass dieser Hunger in immer kürzer werdenden regelmässigen Abständen laut schreit und befriedigt werden will.
Der Hunger heisst „Sinnhaftigkeit“. Der Hunger heisst „Wertschätzung“ und er heisst auch: „Leidenschaft“. Es geht um die Berufung. Um das, was das Herz von Dir will und was Dich jeden Tag fröhlich starten lässt.
Irgendwann, mitten in deinem Leben kann dieser Ruf erscheinen. Der Ruf nach dem, was von Dir gelebt werden will. Wenn die Quelle in deinem Herzen übersprudelt und du einfach gar nichts mehr anderes kannst als das zu tun, was es von Dir verlangt. Mein alter Freund Carl Gustav (Jung) sagte dazu: „Der Spiegel Moment“. Und hatte dafür ein wunderbares Zitat:
„Du musst Dich entscheiden, willst Du gut sein, oder ganz“
C.G.Jung
C.G.Jung nannte den „Spiegel-Moment“ den Zeitpunkt des Erwachens. Jeder Mensch kommt in der Lebensmitte an diesen Punkt. Und danach beginnt die „Individuation“, die Befreiung unseres wahren Wesenskerns. Es geht nicht mehr darum, sich danach zu richten, was man tun sollte und was im Allgemeinen richtig wäre, sondern um die eigene innere Wahrheit.
„Individuation bedeutet: zum Einzelwesen werden, und, insofern wir
unter Individualität unsere innerste, letzte und unvergleichbare Einzigartigkeit verstehen, zum eigenen Selbst werden. Man könnte ,Individuation‘ darum auch als ,Verselbstung‘ oder als Selbstverwirklichung‘ übersetzen“ (C.G.Jung 1933)
In der letzten Woche wurde ich nicht nur von diesem tollen Coachee an den Hunger in uns erinnert, sondern auch von einigen anderen Menschen, die aufgrund ihres „eigentlichen Hungers“ von dem eigenen Lebensweg abgekommen sind. Dann fügt es sich schnell, dass man in eine Sucht abzurutschen droht. Oder eine Ersatzbefriedigung wählt, statt dem zu folgen was das Herz von uns will. Wir alle betäuben eine Weile unseren Hunger mit Dingen, die uns ermöglichen ihn nicht zu spüren. Und wir werden ihn immer wieder spüren, er hört nicht auf zu uns zu sprechen. Er schreit „mehr, mehr, mehr“ und lässt uns wieder hungrig die Hände öffnen, um es uns zu holen.
Die Lösung liegt unbedingt darin, wieder heraus zu finden was uns wichtig ist. Woran wir glauben (auch an uns und unsere Kraft) und was wir in unserem Leben ersehnen. Je besser wir wissen, was uns wichtig ist, worauf es uns ankommt und was wir anstreben, um so glücklicher werden wir den Weg gehen, an dessen Ende wir zu unserem erfüllten Leben kommen. Denn das ist es ja, was unser Herz brennen lässt: Dass sich das Leben lohnt.
Carl Gustav hat auch einmal gesagt: „Wenn man einmal seine Berufung gefunden hat, dann kann man nicht mehr wählen. Dann muss man sich ihr mit Leib und Seele widmen. Man muss das Herz sprechen lassen, dann wird man nicht arbeiten. Man wird nur sich selbst ausschöpfen bis zum Grund, ohne jede Anstrengung. Wer seine Berufung gefunden hat, den brennenden Wunsch in seinem Herzen, der muss ihm gehorchen, bedingungslos.“
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Das hört sich sehr einfach an. Und das ist es auch. Aber: Deinem Herzen zu folgen wird Dich auch etwas kosten. Du wirst ein paar lieb gewonnene Gewohnheiten aufgeben müssen. Du wirst alte Zöpfe abschneiden, Menschen verlassen, Pläne und Ideen aufgeben, die Komfortzone verlassen müssen. Der Hunger kann Dich da hin treiben, wo Du hinwillst, vielleicht sogar hin musst.
Frage Dich:
Wonach hungert mein Herz?
Was macht mich gierig, hungrig?
Was will ich unbedingt?
Was brauche ich, um wirklich glücklich zu sein?
Welchen Hunger will ich jeden Tag spüren?
Und – bist Du schon auf dem Weg?
Warum nicht?
Willkommen in der Adlerperspektive.
