Kürzlich war ich in Bonn. Nicht weil ich es wirklich wollte, aber ich war auf der Durchfahrt und dachte: warum nicht Bonn? Eine Stadt mit deutscher Geschichte. Lange war es der Regierungssitz, bekannt wurde es wegen seiner noch immer spürbaren alten germanischen und romanischen Geschichte. Eine mittelgrosse Stadt in Nordrheinwestfalen, eine Universitätsstadt. Mir präsentierte sie sich erstaunlich grün, freundlich, gelassen.
Am Morgen nach einer schnellen Nacht ging ich mit meinem Hund durch die Strassen, vorbei an ordentlichen Vorgärten und bunten Mülltonnen für das Recycling. Die Tonnen standen in einem umzäunten Hof, akkurat in Reih und Glied, alles hatte seinen festen Platz. Die Strassen waren gefegt, die Rabatten gepflegt. Die Gebäck-Auslagen in den sonntäglichen Bäckereien waren fast schon geometrisch angeordnet, das Glas hinter denen sie lagen, sauber und glasklar geputzt, die Bedienung hatte eine glatte und strahlend weisse Schürze über den Kleidern. Sie waren sehr nett, sehr preussisch und sehr klar, die Bonner. Ich musste schmunzeln, weil ich diese deutsche Idylle mit meinen inzwischen entwöhnten Augen sehen durfte, wie ein Tourist, wie ein Besucher aus einer anderen Welt.
Vorbei an den Gärten und Haustüren fielen mir die Namen auf, die auf den Klingelschildern standen. Bredemeier und Schulz, Martin und Meyer, Krüger und Schneider, Koch und Schubert und Graf. Ein paar Menschen waren schon unterwegs und wie so oft spürte ich den Impuls sie zu fragen: Wer bist Du?
Willst Du mir Deine Geschichte erzählen?
Menschen sind voll von Geschichten. Nicht nur ihre Vergangenheit und ihre Erlebnisse, auch ihre Motive, die momentanen Herausforderungen, die Leidenschaften und die Dinge und Gedanken, die sie derzeit beschäftigen.
Bonn war voll von Menschen mit Geschichten und ich hatte keine Zeit zu bleiben und zu warten, dass mir jemand seine oder ihre erzählt. Aber nicht nur Bonn ist voller Menschen, sie sind ja überall. Auch da, wo Du gerade sitzt und diesen Blog liest, gibt es Menschen, die Du noch nicht kennst. Um Dich herum findet Leben statt, finden Biografien statt, voller Emotionen, Schicksalen, Gedanken und Glück und Tragik.
Kennst Du Deine Mitmenschen?
Und kennen sie Dich?
Im Englischen gibt es diese wunderschöne Wortwendung. Wenn Dir jemand etwas Persönliches erzählt oder beichtet dann sagt man da gerne: „Thank you for sharing“, was so viel heisst wie „Danke fürs Teilen“.
Etwas teilen heisst ja dann wiederum auch, dass wir nun zu zweit etwas wissen oder tragen, was damit auch etwas leichter werden kann.
Sich mit-teilen ist ja auch ein Geschenk. Wie eine Möglichkeit, sich zu verbinden, sich gegenseitig zu unterstützen, sich beizustehen – aber auch, sich miteinander zu freuen.
Wie viele Menschen kannst Du diese Woche kennenlernen?
Oder etwas näher kennenlernen?
Was hast Du zu teilen?
Wem kannst Du eine Einladung machen etwas zu teilen?
Welche Geschichte, die Du diese Woche hörst, wird Dich inspirieren?
Wo kannst Du aufmerksamer sein, den anderen kennen-lernen. Also wirklich wirklich berührt werden von dem, was er Dir zu erzählen hat?
Und – ist es nicht auch wunderbar, sich von den Schilderungen anderer beschenken zu lassen?
Sich einem anderen ausschütten,
bis eine Insel entsteht –
das wäre der Boden zum Stehen.
Willkommen in der Adlerperspektive
Liebe Maren
Dein Blog hat mich gerade von neuem inspiriert um immer wieder von neuem mein echtes Interesse an den Menschen da draussen zu pflegen. Danke fürs Teilen von deinen Gedanken!
Herzlich Nadia
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