Kürzlich sagte eine Freundin zu mir, sie müsse mal wieder weg. Ich fragte sie, wohin es denn gehen sollte und sie sagte: ich muss einfach mal wieder fahren. Ich wusste genau, was sie meinte. Fahren. Unterwegs sein, neue Landschaften, neue Horizonte. Und auch allein dieses Fahren. Sich bewegen. Wie gut das tut aus dem eigenen kleinen Gärtchen, dem engen Zirkel unser täglichen Kreise ausbrechen und Neues sinnlich erleben. Ein lieber Freund von mir ist an der portugisischen Küste an meinem geliebten Atlantik unterwegs und versorgt mich mit Videos und Aufnahmen und man kann es spüren, dieses atemlose Herzklopfen des neuen Entdeckens. Ein anderer kommt gerade von vier Wochen auf dem „Wild Atlantic Way“ an der Westküste Irlands zurück mit einem glücklichen Strahlen im Gesicht.
Ich kenne viele solche situativen Nomaden und liebe es selbst auch, das Fahren. Jedes Mal wenn ich voll tanke und mein Display auf dem Armaturenbrett sagt: Du kannst jetzt mit diesem Tank 718km fahren spüre ich mein Herz hüpfen. Jedes Mal! Nicht dass ich diese 718km wirklich immer ausreizen würde. Aber die tatsächliche Chance zu haben, wie wunderbar ist das!
Von Zürich aus bringen mich die 718km fast bis Wien, sicher bis Paris, in meine französische Lieblingsstadt Orleans, fast zu einer Freundin nach Osnabück, nach Prag, nach Brüssel…. vom Tessin aus fahre ich in 718km nach Rom, nach Kroatien oder in die Mozartstadt Salzburg. Besonders toll sind die 718km von Jersey aus. Da bringen sie mich an meine Sehnsuchtsorte nach Irland und Schottland. Oder in die Bretagne. Ich liebe diese Kilometerspiele im Kopf, vor allem aber: Die Freiheit JETZT aufbrechen zu können wenn ich es wollte.
Bewegt man sich aus dem Bekannten heraus und begibt sich auf eine Reise, so ist es immer eine Ansammlung von Geschenken, denen man auf dem Weg begegnen kann. Chancen auf wunderbare Aussichten, neue Menschen, Geschmäcker, Düfte und Begegnungen. Fremde Menschen und Gesichter, Sprachen und Gewohnheiten. Oft kann man einfach nur schauen. Beobachten.
Ah, wie ich es liebe, dieses Unterwegs-Sein, dieses Ankommen und wieder Abfahren. Das Fernweh und das Heimweh, das Überall und nirgends.
Wie war wohl das Leben, als wir noch langsam gereist sind? Als wir noch Zeit hatten uns in jedes neue Bild von der Welt zu verlieben?
Was sagt Dir die Landschaft, die Dir begegnet? Wann hältst Du inne und an und lässt auf Dich wirken? Wann kann eine Landschaft Dich berühren?
Wir können auch von Seelenlandschaften sprechen. Denn jede Landschaft kann ein Spiegel für uns sein. Wann verweilst Du?
Wann stoppst du deine Reise, stehst an einem Punkt und denkst: Ahhhhh! Das ist es! Das ist Schönheit!
Worauf fällt Dein Blick und ruht und findet einen Widerhall in Deinem Herzen?
Was siehst Du? Was spricht mit Dir?
Welche Farben tun Dir gut?
Welcher Ausblick?
Worauf will Dein Auge schauen, um Dich in Deine Mitte zurück zu bringen?
Die einen unter uns brauchen die Wüste, das Nichts, den grossen Himmel. Die anderen die hohen Berge, die Wälder, die Felsen und Steine. Andere das klare Wasser das man bis zum Grund sehen kann. Wieder andere die Wasserfälle, die Brandung und Gischt, die Klippen und den Wind, der über hohe Gräser streicht.
Je genauer Du beschreiben kannst welche Seelenlandschaft Dich glücklich machen kann desto genauer weisst Du, wer Du bist.
Der Adler sucht sich auch sein Domizil. Er besetzt ein Revier. Er wählt seinen Lebensraum. Bei ihm geht es wohl vor allem um das Überleben, die Wildstände, die Jagdmöglichkeiten, den Unterschlupf.
Wir aber können wählen: Wann sind wir in der Seele berührt, wenn wir diese Landschaft sehen? Und was macht es mit uns, unterwegs zu sein. Im Flug gewissermassen. Auch wenn es manchmal Kilometer auf der Strasse sind.
Bewege Dich diese Woche mal an einen Ort, an dem Du noch nie warst. Lass es auf Dich wirken. Auf jeden Fall wird es Dich bereichern. Ganz sicher.
Willkommen in der Adlerperspektive.
Liebe Maren
Ich hab das gelesen und gedacht: ach das hat sie für mich geschrieben! Wie auch immer das ist, du sprichst mir aus dem Herzen.
Und das Schöne am Verreisen ist doch auch immer wieder das nach Hause kommen und zu spüren, dass auch der Alltag nicht immer alltäglich ist.
Ich war gerade am Wochenende wieder im Tessin, in Locarno und in Lugano und spüre es ganz deutlich, dass ein Teil von mir von dort unten kommt.
Manchmal rieche ich meine Kindheit in der Luft und je längers je mehr erinnere ich mich gerne an die schönen Zeiten aus der Kindheit.
Danke für diesen schönen Artikel und gute Reise (auch wenn nur gedanklich).
Gruss aus dem Büro
Barbara
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