Jersey – Mein Eiland. Eine Liebeserklärung

Kennst Du das – eine Herzensheimat?

Wenn man wie ich keine echte Heimat hat – oder wenn man sich nicht irgendwo wirklich verankern konnte – oder mit den tatsächlichen Wurzeln nichts anfangen kann, dann tut es gut, einen Ort zu finden an dem man sich zuhause und angekommen fühlt.

Hast Du das mal erlebt, dass Du an einen Ort kommst und weisst, das ist es jetzt? Das schwingt mit mir, das fühlt sich richtig an. Hier gehöre ich hin?

Nun, Jersey ist nur der eine Ort. Die kleine Insel im Meer. Dazu kommt bei mir die grosse Insel im Meer namens Irland. Und beide sind im wilden Atlantik, besser dem Nordatlantik. Da wo der raue Sturm braust und 20 Grad schon ein Grund sind zu jubeln. Wo der Wind, die Wellen, die Gezeiten ordentlich Gas geben und scheinbar alles Unnötige wegwehen und wegspülen. Der Nordatlantik ist kein säuselndes Meer, keins das einfach nur einladend ist und ruhig und beständig fliesst. Dieser Ozean ist einer, der sich holt was er will (auch einst das „unsinkbare Schiff“). Einer der radikal ist und scharf, der gefährlich ist und leidenschaftlich und unbeirrbar. Wunderbar, das entspricht meinem wilden Herzen.

Nun aber Jersey und weil es so schön ist, darf ich sie Euch vorstellen, die Insel im Ärmelkanal, zwischen der fantastisch schönen Bretagne und dem grosse Britannien auf der anderen Seite. Der Golfstrom umströmt die Insel beständig. In der Luft und im Wasser. Hier ist immer Bewegung, kein Stillstand. Die Menschen sind nicht ganz so schrullig wie in der Bretagne oder in England, aber eben auch ein bisschen so wie eine Mischung aus beiden. Sehr höflich, lustig, gemütlich, korrekt, präsent und auch ein bisschen old-School. Vor allem aber haben die Menschen auf Jersey verstanden, dass sie in der selben Welt, der selben Insel leben. Und das ist wie ein Planet hier, einer der immer den gleichen Einflüssen ausgeliefert ist. Der Sonne, dem Wind, dem stürmischen Regen. Ich habe nirgends auf der Welt so viel Solidarität erlebt. Man gehört ganz einfach zusammen, behandelt einander mit Respekt, Augenzwinkern und Freundlichkeit. Fast täglich kann man hier erleben wie menschliches Miteinander funktioniert, man hilft einander, lächelt sich zu, spricht sich hemmungslos an, liebt die „Royals“, unsere besondere Kartoffelsorte, trinkt und isst regional und immer ist das, was aus Jersey kommt, das, was wir besonders bevorzugen.

Zudem kommt die Vegetation, die dank den Regenfällen aber auch der fruchtbaren Erde und dem Golfstrom üppig ist wie im Dschungel, grüngrün und bunt, Palmen, Blumen, Orchideen, Lavendel und die Agrarwirtschaft, die fast ohne Supplemente betrieben wird.
Und es ist langsam dieses Jersey. Die Höchstgeschwindigkeit ist 40 m/h, was ungefähr 65 km/h entspricht und nur auf zwei Strassen erlaubt ist. Sonst kriechen wir hier über schmale Strassen, lassen Vögel und Menschen passieren ohne Hast, machen uns Platz und warten auch mal in den wenigen Buchten wenn der Gegenverkehr etwas breiter ist. Es gibt keinen Stress hier auf Jersey, alles hat seine Zeit.

Jersey ist eine Insel der Gegensätze. Die rauen und hohen Klippen im Norden, der Wind, die peitschenden Wellen bei der Flut und die vergleichsweise sandigen sonnigen und glatten Buchten und Strände im Süden, mit dem Gesicht nach Frankreich. Unsere kleine Hauptstadt St.Helier beherbergt etwa ein Drittel der Einwohner, der Rest verteilt sich in kleinen Ortschaften, die fast alle mit St. beginnen. St.Peter, St.Lawrence, St.John, St.Mary, St.Martin, St.Brelade, St.Aubin, St.Saviour…und in grossen Landhäusern mit viel Land und sehr oft der Aussicht auf die verschiedenen Gesichter des Meeres.

Die Woche war ich in der Stadt und wollte zur Mittagszeit nur einen Drink nehmen. Ich steuerte auf einen Platz am Fenster zu und die Bedienung kam angesprungen. Schon erwartete ich, dass ich zur Lunchzeit einen weniger populären Tisch wählen sollte. Aber sie entschuldigte sich nur für die sandig verwaschenen Fenster, die nicht frisch geputzt wären und brachte mir lächelnd meinen Kaffee und Wasser. Ich liebe diese Freundlichkeit, die echte Hingabe an Gastfreundschaft und Welcoming. Lange schon wundere ich mich nicht mehr mit „love“ oder „darling“ angesprochen zu werden. Die Busfahrer, die Leute an der Kasse und im Postoffice. Alle einfach freundlich. Ach, was für eine Wohltat es doch ist, hier zu sein. Willkommen. Immer wieder mit offenen Armen willkommen geheissen auch als Schweizerin mit meinem „weird accent“.

Ich fühle mich zuhause. Ich bin dankbar. Ich freue mich jeden Tag, hier die wilde Atlantikluft zu atmen und zu wissen, dass meine Seele ein Heimat gefunden hat.

Erzähle uns von Deiner Seelenheimat. Und freu Dich, denn da ist er, dein Adlerhorst:

Willkommen in der Adlerperspektive

Ein Land verloren dort im Meer
Nur Sonne und Himmel über mir
Alleine die Insel meiner Träume
Ein Eiland berührt von keiner fremden Hand
Meine Insel mein Eiland
Wie finde ich zu ihr
Ein Land im weichen Abendrot
Im Meer ein weisses Segelboot
Der Wind weht und merkst du wie die Zeit steht
Ich fliege und hab doch keine Flügel
Mein Eiland, ein Eiland
Im weichen Abendrot

Dort möcht‘ ich sein wenn alles um mich schwer ist
Sein wenn alles in mir leer ist
Allein um zu mir selbst zu finden
Um zu verstehen was Leben heisst
Dort möcht‘ ich sein wenn alles um mich laut ist
Wenn selbst der Regenbogen grau ist
Allein mit mir und meiner Welt
Und meiner Zeit und meiner Einsamkeit

Ein Land verloren dort im Meer
Nur Sonne und Himmel über mir
Alleine die Insel meiner Träume
Ein Eiland berührt von keiner fremden Hand
Ein Eiland mein Freiland
Die Insel bist du
Dort will ich sein um alles zu vergessen
Nach meiner Zeit die Zukunft messen
Ohne einen Blick zurück
Nur du und ich einen Augenblick
Dort will ich sein um meinen Stolz zu brechen
Lieber schweigen als sprechen
Allein mit mir und meiner Welt

Ein Land verloren dort im Meer
Nur Sonne und Himmel über mir
Alleine die Insel meiner Träume
Ein Eiland berührt von keiner fremden Hand
Ein Eiland mein Freiland
Die Insel bist du
Bist du bist du

(Songtext N.Mouskouri)

 

5 Gedanken zu “Jersey – Mein Eiland. Eine Liebeserklärung

  1. Levent

    Heimat…
    aufgewachsen zwischen zwei Kulturen ist der Begriff „Heimat“ für mich ein Fremdwort.
    In dem Land in dem ich geboren, aufgewachsen, gelebt, studiert und gearbeitet habe bin ich ein „deutscher Staatsbürger mit Migrationshintergrund“.
    In dem Heimatland meiner Eltern bin ich der „Deutschländer“.

    Heimat ist aber eben mehr, als das Land in dem man geboren wurde, oder das Land, wo Deine Muttersprache gesprochen wird.
    Heimat ist der Ort, an dem ich mich glücklich fühle. Das habe ich für mich so definiert.

    Auch ich habe Jersey erlebt, ich bin an den Steilküsten entlang gewandert, habe die Gezeiten beobachtet und den wilden Atlantik gespürt. Ich habe die grüne Jersey Luft geatmet und Jersey Royals gegessen. Ich habe mir einen Rucksack voller Steine aufgeladen und bin ihn auf Jersey wieder losgeworden.
    Wenn man ein Adler sein will, gibt es keinen besseren Ort als sich von einer Klippe auf Jersey zu stürzen um mit der Thermik hochzugleiten. Die Sicht eines Adlers ist nunmal ein anderer wie der aus einem Hühnerstall.
    Ich kann also jeden verstehen der dort seinen Frieden und seine Seelenheimat findet.
    Für mich persönlich liegt die Durchschnittstemperatur ca. 10-15 Grad zu tief. Mein Adlerhorst braucht mehr Sonne und einen etwas weniger rauhen Seegang.
    Es MUSS mediterran sein- das liegt dann wohl in meinen Genen.

    Willkommen in meiner Adlerperspektive

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  2. Tanja

    Heimat…

    Was ist das? Wo ist das?

    Ich bin eine Russin aus Kasachstan, die den deutschen Pass besitzt, in Deutschland lebt, deutschen Mann geheiratet hat und die Kinder groß zieht, die sich als Deutschen bezeichnen und fühlen; die die russische Seele hat und sich über die deutsche Ordnung meistens erfreut, mediterranes Essen und die Weine aus Bordeaux genießt, die Musik und die Kunst aus aller Welt bewundert und schätzt.

    Wo ist meine Heimat?
    Ist es da, wo man sich heimisch fühlt? Was heißt heimisch? Ist es da, wo mein Heim ist? Was ist ein Heim? Ein Haus, in dem man wohnt? Schön, gemütlich und warm? Oder ist es ein (Eltern)Haus, aus dem man kommt?
    Das ist mir zu wenig… Schön – ja, warm – von Vorteil, gemütlich – jeder empfindet das anders… Und geht es nur um physischen oder besser gesagt körperlichen Dasein bzw. Ursprung?

    Für mich ist es meine Seele, die diesen „Ort“ gesucht und gefunden hat.
    Das ist da, wo ich immer gehört und verstanden werde… Da, wo ich alles von meiner Seele runter weinen kann… Egal, ob das die Freuden- oder Kummertränen sind. Da, wo ich ICH sein kann und darf… ICH! Nicht das, was die anderen sehen wollen oder erwarten… Da, wo ich so geliebt werde, wie ich bin… Einfach weil ich ICH bin…
    Kurz gesagt, es ist da, wo ich frei sein kann… Wo ich FREI bin…

    Das ist kein Haus. Kein Ort. Kein Land.

    Das ist immer wieder da, wo ich die Gottes Nähe spüre. In meinen Gedanken, in meinem Herzen… Natürlich auch an vielen schönen Orten. ER hat sie erschaffen und uns geschenkt, damit wir uns „heimisch“ fühlen.

    Auch auf Jersey… Gerade auf Jersey… Da, wo unsere Herzen so offen für die Liebe sind und unsere Gedanken so frei sind… Wo wir unsere Flügel einfach ausbreiten und uns der Thermik überlassen können… Fliegen und SEINE schützende Hand fühlen… Wenn wir an nichts denken müssen, weil ER für uns denkt …
    Immer wenn wir FREI sind… und dieses Gefühl uns überfüllt … so dass wir vom Glück nur noch laut schreien wollen… Da oben… auf der Klippe…

    I´m freeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee!!!

    Willkommen in meiner Adlerperspektive

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  3. Ich bin auch an keinen festen Ort verbunden.
    Mit 20 aus den zu engen Belgien, 10 Jahre in kosmoplitische London, eine Weile in Italien, jetzt 12 Jahren in der Schweiz. Wer weiss, wo ich sonst noch leben werde….Ich fühle mich wohl in den Bergen, wo meine Seele näher zum Himmel ist und die Natur so imposant ist. Ich fühle mich auch wohl hier in Jersey, wo ich diese Zeile schreibe. Die kräftige Ozeanbrise, die die Gandanken wegbläst, die wunderschöne, wilden Stränden, die steile Klippen. Auch im tiefen Wald, vor allem auf nicht oft betretene Pfade, bin ich Zuhause. Eine Heimat habe ich nicht, ich brauche auch keine. Ich brauche die Verbindung zum Natur. Reine Energie. Offene Leute. Schönheit. Ich kann Dich verstehen, Maren, dass Du Dich in Jersey verliebt hast!

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