Schrei!

Kennst Du das auch, dass Du manchmal einfach mal nur schreien könntest?

Und?

Tust Du es?

Wir werden dazu erzogen, nicht zu schreien. Ich verstehe das total. Als junge Mutter dachte ich selbst, dass ich ausrasten würde, wenn jetzt nicht endlich mal ein bisschen mehr Ruhe herrscht. Das lustvolle Schreien der Kinder regte mich auf. Was ich damals nicht wusste: Ich hätte so gerne mitgemacht!

Wieviel Wut und Lust und Übermut steckt in uns fest? Wieviel Schmerz und Ohnmacht und glühende Rage halten wir zurück? Wieviel Frustration bleibt uns buchstäblich im Halse stecken?

Niemand möchte gerne angeschrien werden. Es tut in den Ohren weh, klingt bedrohlich und einschüchternd. Auch in der Wissenschaft waren Schreie lange Zeit nicht gerade ein Lieblingsthema. Aber das ändert sich. Denn zunehmend erkennen Forschende, wie vielfältig und strukturiert Schreie sein können und wie wichtig sie für das menschliche Leben sind. Und zwar schon, wenn das Leben gerade anfängt. Als Baby haben wir alle geschrieen und wurden davon auch wieder entspannt und ruhig.

Wenn ein Erwachsener „schreit“, woran können wir dann erkennen, welche Bedeutung die Ausrufe haben? Ist es Freude, Überraschung, Wut oder Schmerz? Dem ist Sascha Frühholz vom Institut für Psychologie der Universität Zürich nachgegangen. Er liess Menschen in seinem Labor Schreie ausstossen, die dann von Versuchspersonen klassifiziert werden sollten.

Frühholz entdeckte, dass sie dabei sechs verschiedene Emotionen unterschieden. Vier Alarmschreie für Furcht, Ärger, Schmerz und Trauer. Und zwei positive Schreie, bei denen die Versuchspersonen zum einen Freude wahrnahmen oder extreme Zustände von Vergnügen.

Freudenschreie haben mehr Melodie

Tatsächlich konnten die Versuchspersonen diese Schreie mithilfe verschiedener Eigenschaften relativ gut unterscheiden. Denn Angst- und Ärgerschreie klingen oft viel rauer als Freudenschreie. Und Ärgerschreie bevorzugen die tieferen Frequenzen.

Wenn wir vor Freude schreien, hört sich das melodiöser und heller an als bei anderen Schreien. Trotzdem geht die Evolutionsforschung davon aus, dass sich Freudenschreie erst recht spät entwickelt haben. Am Anfang der Evolution sollen die Angst- und Alarmschreie stehen, weil sie das Überleben sichern konnten.

Das Konzept, dass Schreien einen therapeutischen Nutzen haben kann, wurde in den 70er Jahren von dem Psychotherapeuten Arthur Janov propagiert, der sich durch zwei berühmte Patienten einen Namen gemacht hat: John Lennon und Yoko Ono.

Dr. Janov glaubte, dass Schreien ein ursprünglicher Drang ist, der uns in unsere Kindheit zurückversetzt, wo wir möglicherweise ein verdrängtes Trauma festhalten. Durch die Teilnahme an der so genannten Urschrei-Therapie können wir diese aufgestauten Emotionen wieder aufgreifen und loslassen, indem wir ihnen eine Stimme geben.

In den letzten Jahren haben viele Psychologen die Wirksamkeit dieser Therapie bewiesen, und sie wird als anerkannte Form der psychosozialen Intervention angesehen.

Soviel zur Erklärung.

Gestern am Strand hatten wir einen wunderbaren Rahmen, bei Sonnenuntergang und in menschenleerer Umgebung mal so richtig laut raus zu brüllen. Und wie lustvoll haben meine beiden Coachees das getan. Schreien tut gut, baut Negativität ab und beruhigt die aufkochenden und verdrängten negativen Emotionen.

Ich liebe es, das zu sehen. Und ich schreie auch super gerne. Am liebsten vor Freude. Aber auch mal wenn ich wütend bin. Für mich eine Befreiung, für viele andere extreme Belästigung.

Hier auf Jersey, in der Bucht, in der wir wohnen, gab es schon sehr viel Geschrei. Einige Male wollten meine britischen höflichen Nachbarn dann schon die Polizei holen, weil sie dachten, da wäre ein schweres Kapitalverbrechen passiert. Inzwischen aber wissen sie: Ach, Maren ist da, mit ihren ausgeflippten Coachees. Alles gut. Sie schmunzeln über uns und das tun wir auch.

Und jetzt Du: Sind Dir Deine Schreie im Hals stecken geblieben?

Ist es Dir manchmal nach Schreien zumute?

Na dann los, folge dem Impuls. Mache es an einem sicheren Platz oder im Wald.

Lass den Dampf ab. Dann kann die Ruhe zu Dir zurück kommen. Viel Spass damit!

Willkommen in der Adlerperspektive.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s