Sanfte Kraft

In der vergangenen Woche war ich mit einem feinen Adler auf Jersey gesegnet. Die Coachin kam vor zwei Jahren zu mir. Damals war ihr feines zartes Herz zugemauert. Sie hatte sich jahrelang angepasst, geduckt, war ausgewichen. Die Grobheit in der Zeit, in der sie aufwuchs, hatte sie äusserlich gestählt und innerlich in den Rückzug gezwungen. Die Folge davon: Eine dicke Ritterrüstung, durch die bald nichts mehr durchkam, an der die Liebe abprallte, die sie hätte empfangen können. Und es kam auch nur noch spärlich etwas aus ihr heraus.

Wenn wir fein und zart fühlen, dann gibt es verschiedene Strategien, wie wir damit durch die Welt kommen. Wachsen wir unter Orchideen auf, dann wird ein zartes Miteinander möglich sein. Steht unsere Orchidee aber in einem Kartoffelacker, dann wird der Wind uns stählen und wir werden zunehmend verhärten.

Das Dilemma ist dann aber, dass uns jeder für eine Kartoffel hält und auch so mit uns umgehen wird. Der Wind, auch untereinander, wird dann nicht weich und ruhig sein, sondern mitunter aufbrausend und zerstörend. Die Orchidee in Dir zittert, nach aussen aber bebt sie und schlägt mit ähnlicher Härte zurück.

So geht es vielen feinen, zarten Menschen. Statt klar und deutlich zu zeigen, dass sie fein und liebevoll sind, zeigen sie ihre harte Schutzhülle, die oft nicht nur missverstanden, sondern sogar als real empfunden wird. Ein Kreislauf aus Zurückhaltung und neuer Verteidigung beginnt, der in der Regel nicht gut endet wenn … – ja wenn der Mensch nicht wenigstens ein paar wundervolle Begleiter hat, die ihn wirklich durchschauen und auf die feinen Antennen achten.

So ist es auch meiner Coachin ergangen. Der Weg zurück in ihr Herz war schmerzhaft und lang und ab und zu ist sie auch gestolpert. Aber sie ist weiter gegangen, denn die Sehnsucht, endlich sich selbst sein zu dürfen, war riesig.

Sie hat es geschafft. Sie hat auf Jersey das allerschönste Wetter bekommen für ihren Flug in die Freiheit. Der Blick in die Ferne war klar und lud sie ein, sich total auf sich einzulassen. Ihre Rede war still und bei sich, ihre Hand lag auf dem Herz, der Kopf nach oben gestreckt bekannte sie sich zu ihrer eigenen Grösse in ihrem eigenen Tempo, in ihrer Sprache, in ihrem Ausdruck.

Denn: Auch Zartheit kann stark sein. Auch Weichheit kann gerade stehen. Auch Stille macht einen Ton.

Was wäre, wenn wir uns alle mehr auf unsere feine Seele konzentrieren könnten? Wenn wir alle unser Herz sprechen lassen könnten?

Wenn wir uns Zeit nehmen könnten für Wahrheit – für Tiefe – für eine liebevolle Verbindung. Auch dann, wenn unser Ego mal wieder durchdreht?

Auch dann, wenn der Wind wieder aufbraust und uns weg zu wehen scheint?

Auch dann, wenn die Trigger kommen, die unsere Wut entfachen?

Zurücklehnen. Atmen. Spüren: Was will ich jetzt?

Dafür Zeit zu haben ist ein alltäglicher Luxus, den wir immer haben können.

Aber: Du musst Dich konzentrieren.

In fast allen Fällen ist die Liebe zu wählen eine Entscheidung.

Wählst Du sie?

Willkommen in der Adlerperspektive.

Für Jacqueline. Flieg in einem weichen Strom weiter 🙂

Und für meine oft in einer Ritterrüstung steckende feine Freundin Nadia.

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