„Aua“ dachte ich letzte Woche gleich ein paar mal. Einige meiner Gesprächspartner hatten Liebeskummer. Richtig schlimm. Die Beziehungen waren jeweils zuende gegangen, einer der Partner hatte sich getrennt und neben einem Haufen Scherben auch jemanden zurück gelassen, der die Trennung nicht wollte. Die jeweiligen Coachees sassen vor mir, oft mit Tränen, wussten nicht mehr weiter, hatten scheinbar jede Hoffnung verloren, dass das Leben irgendwann wieder weniger weh tun würde.
Auch ich kenne das, vielleicht kann ich mich deswegen hier gut einfühlen. Vor fast 20 Jahren hatte ich den ultimativen Herzbruch und ging zwei Jahre wöchentlich zur Gesprächstherapie. Ich konnte ihn einfach nicht loslassen und hing fest in den Erinnerungen an „die eine“ grosse Liebe. Als ich einmal, wieder aufgewühlt vom Gespräch, in meinem Cabrio über die wunderschöne Seestrasse zurück fuhr und mir die Sonne den Kopf wärmte, der Wind durch die Haare strich und diese Welt einfach so verdammt schön war, musste ich auf die Seite fahren. Ich hatte so Herzschmerzen, dass ich dachte, ich bekäme einen Herzinfarkt. Ich wartete also auf mein seeliges Ende. Und es passierte – nichts. Der Schmerz ging vorüber. Ich hämmerte auf meine Brust und schrie: „Du scheiss Herz! Wie kannst Du einfach weitermachen, jetzt wo diese Liebe vorbei ist! Wo mein Leben vorbei ist!“… an Theatralik war das fast nicht zu überbieten.
Eine Woche später erzählte ich es meiner Therapeutin. Sie knallte mir einen Satz hin, der mich bis heute begleitet: „Ein Herz wird so lange gebrochen, bis es sich öffnet.“ Natürlich meinte sie damit das Öffnen für das Leben und nicht mehr das Leben mit diesem einen Mann! Ob ich das verstanden habe? Damals nicht.
Liebeskummer ist in fast allen Fällen ein toxischer Gefühlscocktail. Studien haben ergeben, dass im Gehirn biochemische Prozesse auslöst werden, die einem Drogenentzug oder einer körperlichen Verletzung gleichen. Im Extremfall können sogar Herzbeschwerden auftreten, so etwa das «Broken-Heart-Syndrom», eine ernsthafte Herzmuskelerkrankung.
All das wird auch, vielleicht sogar vor allem, von unseren Gedanken begünstigt. Wir glauben dass das „die eine“ Liebe war, die gerade zuende geht und meinen, so würden wir niemals mehr vertrauen oder lieben können.
Die gute Nachricht: Auch das ist nur ein Gedanke.
Denn nach einer Weile wirst Du wieder lieben, wirst Du das Herz wieder öffnen können. Auch für einen neuen Partner, eine neue Partnerin.
Aber vorerst: Das Leben umarmen. Die Sonne, den Wind, das Schöne, die Freiheiten, das Leben wieder spüren und wertschätzen. Unser Leben hängt nicht von dem einen Partner ab: Es hängt davon ab, dass unser Herz schlägt. Und das tut es. Jeden Moment unseres Lebens. Bis es vorbei ist. Was Du damit machst ist absolut Deine Angelegenheit. Du bist derjenige, der bestimmt, wohin die Reise geht. Du kannst Dein Leben im Licht oder im Schatten leben. Du kannst den Kopf heben und die Sonne sehen oder zuhause in deine Kissen weinen.
Es ist nicht leicht, das Ende einer Beziehung zu überwinden. Egal, wie lange eine Beziehung gedauert hat: Wenn eine gemeinsame Geschichte endet, verschwindet der Trennungsschmerz nicht einfach von heute auf morgen. Zunächst einmal musst Du den Schock der Trennung verkraften, der zunächst vollkommen unüberwindbar scheint. Dies ist jedoch nur der erste Schritt in Richtung Neuanfang.
Vielleicht hilft hier eine kleine Erklärung aus der Psychologie. Es gibt vier Phasen bei einer Trennung
Erste Phase der Trennung: Schock
Egal, wie gut man sich auf ein Ereignis vorbereitet hat, wenn es Realität wird, kann es dennoch überwältigend sein. Viele Paare sind sich ihrer Probleme bewusst, erkennen, dass es nicht gut läuft und dass es ständig Streit gibt. Vielleicht denkt einer der Partner sogar ab und zu über eine Trennung nach oder das Paar hat sich bereits kurzzeitig getrennt. Wenn die Trennung jedoch endgültig beschlossen wird, kann dies dennoch für beide Partner nur schwer greifbar sein.
Der Schock ist deshalb so gross, weil eine Trennung vom Partner oder der Partnerin gleichzeitig auch die Aufgabe gemeinsamer Rituale, den möglichen Verlust des gemeinsamen Freundeskreises und das Ende der gemeinsamen Träume und Pläne bedeutet. Deshalb ist es nur natürlich, dass man sich als erste Reaktion weigert, diese neue Realität zu akzeptieren und von der Hoffnung überwältigt wird, einfach möglichst schnell wieder zusammenzukommen.
Zweite Phase der Trennung: Wut und Traurigkeit
Nach einer mehr oder weniger langen Zeit endet die erste Phase des Schocks und macht einer zweiten Phase Platz, in der die Betroffenen die Realität der Trennung akzeptieren. Es geht nicht mehr darum, die eigene Situation zu leugnen oder sich in die Hoffnung auf eine Versöhnung zu flüchten. Die Liebesbeziehung ist nun beendet und es beginnt die Zeit der Trauer.
Die Hoffnung auf ein gemeinsames Leben hat sich zerschlagen, was ganz natürlich zu Gefühlen von Wut und Traurigkeit führt. Bei vielen Menschen rufen Trennungen eine Angst aus der Kindheit vor dem Verlassenwerden wieder hervor, was wiederum eine grosse Traurigkeit verursacht. In dieser Phase können ausserdem alte Wunden, die während der Beziehung entstanden sind, wieder an die Oberfläche treiben, was zu Wut führt. Eine Wut, die sich sowohl auf die eigene Person („Wie konnte ich das nur all die Jahre akzeptieren?“) als auch auf den Ex-Partner oder die Ex-Partnerin („Wie konnte er/sie mir das antun?“) richten kann. In dieser zweiten Phase der Trennung sind Wut und Traurigkeit in der Regel untrennbar miteinander verbunden.
Dritte Phase der Trennung: Reflexion und Neuorientierung
Mit der Zeit können Wut und Traurigkeit immer noch vorhanden sein, doch kommen und gehen diese Gefühle in immer grösseren Abständen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass Du Dich jetzt auf dem Weg der Besserung befindest und in der dritten Stufe der Trennung bist.
Jetzt, wo Du Dich beruhigt hast, ist es an der Zeit, sich zu fragen, warum die Beziehung gescheitert ist, was Du daraus lernen kannst und was Du jetzt für Dich selbst willst. Es ist eine Zeit der Selbstreflexion und Neuorientierung, die Dir helfen wird, an den Fehlern der Vergangenheit zu wachsen. Gleichzeitig beginnst Du allmählich, wieder Freude zu empfinden und das Leben zu geniessen.
Vierte Stufe der Trennung: Neuanfang
Wie lange es auch immer dauern mag, ist dennoch sicher, dass Du irgendwann die vierte und letzte Stufe der Trennung, den Neuanfang, erreichen wirst. Du hast Deine Beziehung nun hinter Dir gelassen und bist bereit für den Aufbruch.
Der Trennungsschmerz ist vorbei und Du kannst nun ein neues Leben beginnen. Du weisst besser als zuvor, wer Du bist und was Du vom Leben und von Beziehungen willst. Nutze die Erfahrungen der Vergangenheit, um diesen Neuanfang zu einem Erfolg zu machen.
Die vier Phasen zu kennen hilft auch deswegen, weil wir wissen, dass das Leben nach vorne und gerade aus geht und dass es sich wandeln und entwickeln wird. Nichts bleibt für ewig, nicht einmal der Schmerz.
In den letzten Jahren habe ich mit einigen Coachees diese vier Phasen durchgestanden. Auch mit lieben Menschen, die mir ihren Schmerz anvertrauen konnten. Ich sage es ehrlich: Es ist eine verdammt harte Arbeit, das hinter sich zu lassen. Es muss erlitten, ausgehalten werden.
Aber irgendwann fingen alle wieder an zu blühen. Dann war das gebrochene Herz eben nur noch offen und nicht mehr verwundet: Offen für das Schöne, das wertvolle Leben, die Freude, die Lust und – eine neue Liebe.
Das Leben ist und bleibt schön.
Willkommen in der Adlerperspektive.

Diesmal aktuell mit ganz viel Mut und Liebe für Nina, Leonie, Aleks. Und für die Überlebenskünstlerinnen für Meryem, Kati, Cindy, Heidrun, Veronika, Daniela. Und auch ein bisschen für mein vergangenes Ich in 2003.