Manchmal ist ja eigentlich alles zu viel. Zu viel Arbeit, zu viel gestresste Menschen, zu viele Missverständnisse, zu viel Druck, zu viele Erwartungen.
Im Moment scheint es mir, dass das „zu viel“ überall zu finden ist. In den vergangenen zwei Wochen sah ich viele Menschen am Limit und auch ganz viele, die genug hatten von Streiterei und endlosem Beschleunigen.
Ich kann die Bedingungen nicht ändern. Sie sind manchmal einfach scheinbar gegen uns. Oder doch nicht?
Krisen haben immer auch Wachstumspotential. Man könnte auch über sich hinaus wachsen, in die eigene Kraft kommen. Sich endlich! von unliebsamen Menschen trennen. Oder endlich! den Job wechseln. Oder endlich! weitergehen, wo wir schon viel zu lange geblieben sind. Meistens ist es aber leichter, mit schlechter Laune in der Opferhaltung zu bleiben.
Als Coach sehe ich das oft: Menschen die alles verstehen, totale Einsicht haben. Und dann doch lieber die Umstände schuldig machen, den Partner, die Arbeit, den Druck. Jammern ist einfach. Etwas ändern ist viel schwerer.
Aber muss denn nur aussen geändert werden?
Mitunter reicht es ja, einen Schluss-Strich unter eine unliebsame Situation zu machen und weiter zu ziehen. Aber manchmal steckt hier auch eine Möglichkeit, einen anderen, neuen, inneren Weg zu gehen.
Was, wenn du aus den sauren Zitronen, die dir gerade serviert werden, eine Limonade machst?
Wenn Du einen Schritt zurück machst und Dich fragst: Was macht mich jetzt gerade sauer? Und warum?
Es ist eigentlich ganz einfach: Analysiere die Situation. Was ist es, was Dich gerade stört? Was hat es mit Dir zu tun? Hast Du es provoziert oder begünstigt? Welchen Anteil hast Du daran?
Grundsätzlich ist alles, was Dir gerade sauer aufstösst, von Dir eingeleitet worden. Vielleicht hast Du Dich einmal zu etwas entschieden und es hat sich nicht so entwickelt, wie Du das gerne hättest. Oder Du bist an einem Ort gelandet, den Du falsch gewählt hast. Oder Du hast etwas begünstigt, weil Du nicht rechtzeitig Grenzen aufgezeigt hast. Oder Du hast einen Fehler gemacht.
Ich muss ein bisschen schmunzeln, wenn ich an einer meiner letzten Fehlentscheidungen denke. Ich bin einmal ins Tessin gezogen. Menschen, die mich gut kennen wissen: Ich mag keine Berge (und keine engen Täler). Ich mag die italienischen Sprache und Attitüde nicht. Ich bin ein Nordmensch und mag den Süden nicht. Ich mag keine Hitze. Ich mag kein italienisches Essen. Ich mag keine engstirnigen Menschen. Ich mag keine Vetternwirtschaft.
Und dann war ich da, im tiefsten Süden im Tessin, in einem elend engen Tal mit ausschliesslich italienisch sprechenden Menschen. Wie war ich da nur gelandet? Ich konnte das niemandem vorwerfen, es war meine wahnwitzige Idee gewesen. Und ich bereute es. Aber gleichzeitig amüsierte ich mich. Über mich selbst. Über das Schauspiel, das sich mir dort bot am anderen Ende der Welt. Ich lag gerne im Fluss. Ich ging gerne in die schöne Landschaft. Ich verwilderte und verrohte mehr und mehr. Und irgendwann konnte ich dort ein neues Coaching schreiben, weil das alles mich ungeheuer inspirierte.
Ich hatte aus den Zitronen eine köstlich erfrischende Limonade gemacht. Sie bizzelte ganz laut in meinem Mund. Go-wild-coaching, das ist da entstanden. Aus der dümmsten Situation hat sich da etwas entwickelt, das mich heute noch unglaublich glücklich macht.
Was sind Deine momentanen Zitronen?
Was macht Dich sauer?
Warum?
Und was kannst Du daraus basteln?
Keine Situation in Deinem Leben ist hoffnungslos. Du kannst alles kehren und für dich günstig verändern. Du bist in der Lage etwas zu verwerten, was sich Dir anbietet. Du bist nicht umsonst an diesem Ort gelandet. Etwas an der jetzigen Situation will etwas auslösen in Dir. Finde es heraus! Sieh das Potential! Sieh die Möglichkeiten. Blicke nach oben.
Oder so: Wende Dein Gesicht der Sonne zu, dann fällt der Schatten hinter Dich.
Es ist ganz einfach. Und das Leben ist immer für Dich.
Willkommen in der Adlerperspektive.
