Inselfeeling

Magst Du das, auf einer Insel zu sein?

Ich kenne viele Inselmenschen und bei allen ist eins gleich: Sie lieben ihre Insel. Egal ob sie in der Südsee, im Mittelmeer oder im rauen Atlantik sind. Inseln sind Stücke von Land, um die herum das Leben in Form eines Meeres tobt. Inseln sind Rückzugsorte. Inseln reduzieren alles, weil es nur das gibt was auf der Insel ist. Und gleichzeitig geben sie Weite, weil man überall das Meer sehen kann. Sie sind nicht einfach zu erreichen, manchmal kann man gar nicht hin, oder nicht mehr weg. Auf einer Insel kann man abgeschnitten sein vom Rest der Welt. Und vielleicht ist es ja genau das, was den Reiz ausmacht: Auf einer Insel stranden, das heisst: Weg vom Lärm der Welt.

Im Oktober konnte ich um ein Haar die Insel Jersey nicht (mehr) verlassen, weil die Fähre wegen schwerem Sturm eingestellt wurde. Sofort kam ich in Stress, weil ich über die Rückreise nachdachte, die durchgetaktet war. Und auch die weiteren Termine, nach meiner Rückkehr von der Insel, waren schon fest gemeisselt. Allein der Gedanke, dass ich den Takt nicht einhalten könnte war Stress. Und dann machte ich eine Vollbremsung beim Denken: Eben war ich doch noch ganz entspannt und glücklich gewesen, was ist denn nun anders?


Was wäre denn so schlimm daran auf der Insel bleiben zu müssen?

Nichts! Ich liebe meine Insel.

So wie Freunde von mir Bornholm lieben. Ibiza. Fuerteventura. Sardinien. Sizilien. Korsika. Die Capverden. Die Hybriden. Irland!

Allen Inselmenschen ist eines gleich: Sie reisen auf Ihre Lieblingsinsel, weil sie sich zurückziehen möchten, bei sich selbst ankommen, die Welt. soll überschaubar sein. Abgegrenzt, eingegrenzt. Frei, offen, weit. Langsam! OH ja, langsam…

Ich werde nun nicht wieder in das Schwärmen von Jersey geraten, sonst wird dieser Blog zu lange. Aber eins: Jersey ist voller netter Menschen. Weil man auf einer (sehr kleinen) Insel lebt, nimmt man Rücksicht. Man lebt im selben Minikosmos. Man sieht die selben Dinge, erlebt das Gleiche. Man geht mit den Gezeiten. Man nimmt sich Zeit für Begegnung.

Wieviel anders ist unser Alltag. Kompakt und voller Be – z i e h -ungen, Pflichten, Ablenkungen, Aufgaben und to-do’s und endlosen Plänen, Erwartungen von anderen und sich selbst. Nur selten kommen wir hier dazu, uns heraus zu nehmen aus dem Strom der Schnelligkeit und Vielfalt an Aufgaben.

Bei sich selbst sein, atmen, die Dinge zuende denken, sich Zeit nehmen für einen gemeinsamen Augenblick, für den Genuss, für Intimität. Schwer bei all der Fülle, die uns im Alltag umgibt.

Wieviel Inselgefühl können wir in den Alltag retten?

Wo können wir JETZT Inseln schaffen?

Vielleicht so:

Einmal eine Decke in die Mitte des Wohnzimmers legen und darauf ein Picknick mit der Familie nehmen. Stille-Rituale einbauen. Einen Moment ein youtube Motivationsvideo sehen und dabei bewusst atmen… vielleicht dieses hier:

Oder an deinem freien Tag nicht wieder die 100 Haushaltspflichten machen sondern in eine nahe Therme gehen. Oder sich mit Menschen verabreden, mit denen Du Dich immer gut fühlst. Einen sehr guten Film in einem dunklen Kino sehen (da wo alle schweigen und nicht immer wieder auf Pause drücken um sich etwas zu trinken zu holen). Ein Theaterstück. Ein gutes Buch. Ein bewusster Musikgenuss. Deinem Liebsten die Hand halten und einen Moment nah sein.

Oder – das Smartphone ausschalten? Für eine Weile nicht ansprechbar sein?

In den Wald gehen und den Tönen lauschen? Deine Wohnung aufräumen und ausmisten damit wieder Platz für Leere ist?

Es gibt viele Inseln im Alltag. Wir müssen sie integrieren und geniessen.

Trotzdem – wir dürfen auf unsere Inseln reisen so oft wir mögen. Und vielleicht auch einmal dort wegen einem verpassten Flug oder einem Sturm aufgehalten werden.

Als meine Fähre dann doch nach St.Malo ablegte, war ich fast ein bisschen wehmütig. Denn dort angekommen blieb mir kaum Zeit, meinem geliebten Nordatlantik Adieu zu sagen. Ich musste weiter, Richtung Paris, auf die Autobahn. Und tanken musste ich noch. Auf dem Weg ein paar Telefonate machen. An den Mautstationen meine Kreditkarten zücken, im Geist die nächsten Tage durchgehen. Der Alltag, der Kontinent hatte mich wieder im Sog.

Mein Kopf war noch mit Watte ausgefüllt. Oder wie es eine Freundin sagte: Honig im Kopf. Ach, diese Inseltage…

Ich glaube, ich geh heute in eine Therme.

Und wo erschaffst DU Dir deine Insel?

Atmen nicht vergessen.

Willkommen in der Adlerperspektive.

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