Grollt es bei Dir auch so?
In der letzten Woche habe ich viel Grollen abbekommen. Von allen Seiten wird sich geärgert, dafür und dagegen, in Widerstand und in Ohnmacht, Grollen gegen die jeweils andere Sichtweise, gegen die Massnahmen, gegen die Stimmung, gegen die Einschränkung, gegen dies und das.
Ich habe auch gegrollt. Weil mir das Grollen auf die Nerven geht.
Ich mag nicht, wenn etwas nicht im Flow ist. Wenn Hindernisse im Weg liegen und man nicht leichtfüssig darüber springen kann. Ich sehe gerade einen langen Weg und überall liegen Steine. Aber vor jedem Stein, über den man doch locker springen könnte, sammelt sich eine kleine Menschenmenge und ärgert sich, dass er da liegt. Zum einen lauthals, zum anderen durch passiven Widerstand, in der Gruppe darüber schimpfend oder ohnmächtig dagegen tretend.
Bleiben wir doch gerne bei diesem Bild: Ein Mensch will einen geraden Weg gehen und da liegt ein Stein vor ihm. Eigentlich könnte er locker darüber springen. Stattdessen schimpft und zetert er und schliesslich tritt er fest dagegen und verletzt sich.
So ist gerade die Stimmung.
Was also jetzt? Soll ich motivieren darüber zu springen?
Den Stein versuchen aus dem Wege zu räumen für den, der davor steht?
Gut auf ihn einreden? Ihn davon überzeugen, dass es auch eine andere Sichtweise oder Handlungsweise gäbe?
Oder, das Schlimmste: zum Umkehren und Aufgeben raten?
Ich möchte gar nichts davon tun. Ich bringe Dich lieber in die Selbsterkenntnis.
Wir können was tun gegen den Groll. Ich habe ein paar gute Fragen für Dich:
Welche Dinge geschehen Dir einfach und für welche bist Du selbst verantwortlich?
Was kannst Du beeinflussen und was nicht?
Wieso könnte es für Dein Leben hinderlich sein, diese Dinge zu verwechseln?
Lohnt es sich, wenn Du Dich über Dinge grämst, die Dir ohne Dein Zutun widerfahren?
Kannst Du aus der Situation, die Dir widerfährt, handeln und sie in etwas anderes verwandeln?
Kannst Du eine besondere Form von Würde in Deiner Handlungsfähigkeit endecken?
Kannst Du die immense Freiheit wertschätzen, die darin liegt, dass Du fähig bist, dich gegen ein vermeintlich unausweichliches Schicksal aufzulehnen?
Kannst Du der Welt ein freudiges und zugleich trotziges „Jetzt erst recht!“ zurufen?
Was möchtest Du als deine eigene Handlung und Haltung ins Leben einbringen? Und wann fängst Du damit an?
Egal vor welchem Stein Du gerade stehst: Stell Dir diese Fragen. Dann kommst Du aus der Opferrolle heraus zurück in die Autonomie – die Dir im Übrigen auch, als Geschenk, ohne Dein Zutun, gegeben worden ist.
Diese Woche ist nicht dem Grollen gewidmet. Es soll endlich mal regnen. Das Gewitter kann kommen. Es reinigt. Und es bringt die Sachen wieder zurück in den Fluss.
Spring jetzt!
Jetzt!
Willkommen in der Adlerperspektive.
