Ist Dein Blick noch weit?
Oder schon ganz eng, der Tunnelblick sozusagen?
Nirgends kann man den Blick so weiten wie an einem Strand oder auf der Klippe/dem Berggipfel.

Der weite Blick tut uns immer gut. Die Augen über das, was gerade vor uns liegt, heben und weiter schauen, das löst schon sehr oft auch unsere Anspannung, unser klein-und-eng-sein, unsere einseitige Sichtweise auf das, was gerade ist.
Es nützt ja nichts, das Problem so lange zu betrachten. Meist meinen wir, wir könnten den hypnotischen Blick auf etwas werfen und dann würde es sich ganz von alleine lösen, weil wir alles genau betrachtet haben. Aber das ist nicht so, keineswegs. Auch in der Psychotherapie reiten die Therapeuten gerne ewig auf dem Problem herum, statt die Lösung ins Auge zu nehmen. Sie ist nur zu sehen wenn man weit schaut. Den Blick hebt. Das sehen, was vorher nicht da war.
Überhaupt: Kann man etwas sehen, wenn man immer das selbe betrachtet?
Wenn man sogar dieses Betrachten und eventuell das Beurteilen von dem, was man sieht, von anderen übernommen hat?
Zurück also – in die Weite. Im besten Fall für mich: Ans Meer.
Vielleicht für Dich eher auf einen Berg, auf eine Klippe. Da, wo die Weite entsteht. Suche Dir eine Landschaft, die für Dich die ermöglicht. Und dann schau, was passiert. Mit dem Blick werden auch Deine Gedanken weit. Deine weite Landschaft eröffnet dir deinen Horizont.
Psychologen sprechen dabei von der Geopsyche. So hat der Schweizer Psychologe Carl Gustav Jung bereits festgestellt, dass das Meer in den Träumen und Fantasien für das Unbewusste steht. Affekte und Impulse werden dann ins Meer hineinprojiziert. Jede Landschaft hat eine Wirkung auf unsere Psyche. Wenn Du ganz eng geworden bist und nur noch im allerkleinsten Kreise drehst, sich die Gedanken endlos wiederholen, dann musst Du schauen, dass Du Deine Sinne in die Weite oder ins Unbekannte schicken kannst.
Der deutsche Poet Rainer Maria Rilke hat den Zustand der inneren Enge einmal so verdichtet:
DER PANTHER
IM JARDIN DES PLANTES, PARIS
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein.
Wenn Du auch spürst, dass Du eng geworden bist, Dich wie in einem Käfig fühlst, die immer gleichen Routinen Dich lähmen, dann ist es an der Zeit auszubrechen in die grosse „ w e i t e“ Welt und den Blick schweifen zu lassen.
Wie fühlt sich das Problem jetzt an?
Ich wette, es schrumpft. Wenn wir uns mit der Weite im Aussen beschäftigen, können wir auch ein bisschen Abstand gewinnen zu uns selbst und unserem kleinen (alltäglichen) Lebensraum.
Aus der Ophthalmologie (Augenheilkunde) weiss ich, dass unsere Pupille sich weitet, wenn wir etwas lange betrachten. Aus einigen klinischen Studien ist erwiesen, dass sich dabei der Puls und die Hautspannung verändern. Man bedenke den langen Blick in andere Augen, schon nach 3,3 Sekunden verändert sich unsere gesamte Gefühlsstruktur. Richten wir also unseren Blick auf die Weite einer Landschaft, so wird sich ein ganzer Gefühlscocktail in uns auslösen. Aufatmen. Weiter schauen, weiter denken, weiter sehen.
Nichts ist für ewig. Keine Situation, egal wie eng sie sich gerade anfühlt, dauert ewig an. Wir müssen wieder weit werden. Im Blick, im Herz, im Denken. Dann haben wir auch Platz für neue Entscheidungen. Und für die Freude.
Das Leben ist gut. Die Welt ist gross. So einfach ist es.
Willkommen in der Adlerperspektive.
Diesmal für meinen Zaubersohn. Heb Deinen Blick. Das Gute liegt genau vor Dir.

