Kürzlich hatte ich einen Zusammenstoss mit einem Choleriker. Er sieht bei allem nur das Negative und das kleinste Ding bläst er zum grossen Drama auf. Dann wird er schnell beleidigend und unverhältnismässig laut. Verbale Gewalt.
Eigentlich weiss ich genug über das Thema, um es nicht persönlich zu nehmen. Und ich kenne auch genug Menschen, die schon unschöne Zusammenstösse mit dem Widerling hatten.
Ich war stinkwütend als ich also einen Zusammenstoss mit dem Mensch hatte. So wütend dass ich für einige Stunden richtig viel Adrenalin in den Adern hatte. Statt es allerdings mit Sport oder Aktivitäten abzubauen suhlte ich mich in Gewaltfantasien, beschimpfte ihn mit allerlei Worten wie dem Titel des heutigen Blogs und stiess ihn in Gedanken hunderte Male die Treppe runter. Ach, wie wunderbar die Geschichten in meinem Kopf. Kopfkino vom Feinsten.
Gleichzeitig aber dachte ich an mein Karma … 😉 …. und versuchte mit den bekannten Techniken (Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation, Byron Katie: The Work) meine Wut verrauchen zu lassen, versuchte mich in Verständnis und Toleranz und Erklärungen. Ich dachte an meinen buddhistischen Lehrer, Lama Ole, der zu diesen Gelegenheiten immer gerne sagte: Du hattest den nur fünf Minuten, aber er hat sich 24/7 am Hals.
Geholfen hat es gar nichts, weder das eine noch das andere. Am nächsten Tag war ich immer noch stinkwütend über die Frechheit des Cholerikers.
Und die Gewaltfantasien wurden auch noch ein bisschen drastischer.
Wie gut, dass ich an diesem Tag auf einen Kollegen traf, dem ich die Geschichte erzählte und den ich fragte was ich denn nun mit meiner Wut anfangen solle? Er schmunzelte und fragte mich: Willst Du denn immer eine Heilige sein? Geniesse doch die Energie, die entsteht, wenn Du Wut hast! Lebe sie lustvoll irgendwo aus! Sei mit Freude wütend! Wälze Dich darin und geniesse den Moment! Wut tut gut! Wut macht Mut!
Ahhhhhhh, schon alleine das tat gut. Und das tat ich dann auch: Ich habe dem Choleriker mit unendlich viel Wut das Schlimmste an den Hals gewünscht, habe ihn gefoltert und verflucht und ihn dann mit Lust die Treppe runter gestossen, natürlich alles nur in meinem Kopf.
Als ich ihm schliesslich genau an dem Nachmittag wieder begegnete musste ich fast lachen.
Wut ist ein Teil unseres ureigenen Verhaltensrepertoires. Sobald wir versuchen, sie wegzuschieben, erzeugen wir Anspannung. Das strengt nicht nur an, sondern es erzielt auch überhaupt nicht die Wirkung, die wir uns erhoffen. Unterdrückte Gefühle verschwinden nämlich nicht. Im Gegenteil, sie halten länger an als Gefühle, die wir aufrichtig fühlen.
Nutzen wir also die Wut. Sie kann uns ja auch helfen, uns zu wehren. Zur Verteidigung. Zum Einschreiten und Grenzen setzen, wenn wir es sonst vielleicht aus Angst nicht tun würden.
Wut bringt uns durchaus weiter im Leben. Sie ist eine überwältigende, massive grosse Kraft, die durchaus auch sexy sein kann. Wut ist Feuer. Wut ist Energie. Wut ist Kraft. Wut ist KREATIV.
Und schlussendlich ist Wut auch ein Gefühl, das gelebt werden will.
Wenn Du also mal wieder so richtig fett wütend bist, dann schreie mal laut, fluche und haue auf ein Kissen wie ein Derwisch. Koste es aus, lass es raus. Mach das FÜR DICH und nicht gegen jemand anderen. Dann kannst Du, wenn sie nicht mehr so lichterloh brennt, die Wut dazu nutzen das zu erreichen was Du willst. Oder: Sie abrufbereit speichern, wenn Du mal Mut brauchst.
Jedes Gefühl verläuft in einer Welle, es flutet heran und ebbt wieder ab. Gefühle entstehen und vergehen, kein Gefühl ist ewig. Wenn wir diese Erfahrung verinnerlicht haben, fällt es leichter, auch ungeliebte Gefühle wahr- und anzunehmen.
Der Choleriker ist ganz in meiner Nähe und lauert auf die nächsten Gelegenheiten sein Gift zu spucken.
Hallelujah, das wird ja ein kraftvolles Jahr!
Willkommen in der Adlerperspektive!

Wie wunderbar, so habe ich das noch nie gesehen. Jetzt „freue“ ich mich auf das nächste Mal wütend sein 🙂
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