Perfekt oder leicht?

Kennst Du das auch: Du willst das Haus nicht verlassen, bevor nicht alles bestens aufgeräumt und geputzt ist? Du musst immer alles noch einmal kontrollieren? Du möchtest unbedingt pünktlich sein? Du musst es unbedingt beim ersten Mal schaffen? Du kommst pünktlich, aber der Andere ist noch nicht parat? Du willst unbedingt das Kleid tragen und schüttest Dir vor dem Weg gehen aus Versehen den Kaffee darüber?

Sicher kennst Du solche Situationen auch: Wir haben etwas im Kopf und dann muss es auch genau so sein. Und dann kommt uns das Leben dazwischen und wir hadern mit dem Ergebnis. Oder wir verlassen das Haus dann doch zu spät, vergessen Dinge zuhause, haben etwas nicht fertig gestellt bevor wir gegangen sind.

Das nagt. Manchmal nervt es auch. In seltenen Fällen beschäftigt uns das ewig lang und nimmt uns den Spass an dem, was im Anschluss passiert.

Wir sind alle ein bisschen Perfektionisten.

In der vergangenen Woche erlebte ich gleich mehrere solche Geschichten.

Perfektionismus ist ein psychologisches Konstrukt, das uns das Leben vermiest. Er treibt uns an, ist in den meisten Fällen zwanghaft, bringt uns weit über unsere Grenzen hinaus und ist geradezu tödlich für Spontanität und Leichtigkeit.

Warum wollen wir nur alle so perfekt sein?

Es hat leider etwas mit Kontrolle zu tun. Wir werden von klein auf mit Leistung konfrontiert, wir müssen immer etwas tun, wir werden gelobt wenn wir etwas erledigt haben, noch mehr, wenn wir etwas perfekt gemacht haben. Das brennt sich in uns ein. Oft binden wir unseren Selbstwert auch an Ergebnisse, an Erfolge, statt an unsere Persönlichkeit. Der Kreis wird dann enger, die Anforderungen grösser.

Und wir schämen uns, wenn wir nicht so gut, ordentlich, gesund, gutaussehend, wohlhabend und erfolgreich sind wie andere.

Menschen, die immer alles perfekt tun und perfekt sein möchten, fällt es nicht leicht, loszulassen. Und doch müssten sie genau das: Die Fixierung aufgeben auf das allerbeste Ergebnis. Auf die kontrollierende Aussensicht von anderen auf das eigene Leben. Loslassen von Applaus und Anerkennung.

Vielmehr würde es helfen zu spüren was jetzt wirklich sein muss – und was wir sein lassen können.

Die Kunst des Weglassens.

Was musst Du denn unbedingt?

Was muss jetzt unbedingt sein?

Was meinst Du nicht gut genug zu tun / getan zu haben?

Und wenn morgen ein Schicksalsschlag eintreffen würde: Wie wichtig wäre das dann gewesen?

In Relation gesetzt ist das alles nichts. Wenn Du wieder in einen Strudel gerätst, weil Du meinst etwas müsste genau so und nicht anders sein. Wenn Du meinst es gehe nicht ein bisschen weniger perfekt, wenn Du Dich hetzt um nur ja genau auf die Minute pünktlich zu sein, dann frage Dich:

Ist das jetzt wirklich LEBENSWICHTIG?

Geht die Welt unter wenn es nicht geschafft oder erledigt ist?

Die Antwort auf diese Frage ist immer: NEIN.

Spürst Du, wie sich sofort etwas in Dir entspannt?

Statt Perfektion wünsche ich Dir: Selbstfürsorge.

Was brauchst Du jetzt für Dich? Eine Pause? Ein Durchatmen? Einen Moment der Besinnung? Ein bisschen mehr Leichtigkeit?

Nimm Dir das.

Das heisst nicht, dass Du die Dinge nicht erledigen sollst. Aber es ist mit mehr Ruhe ohnehin besser gemacht. Du darfst auch mal eine Prüfung nicht im ersten Anlauf schaffen. Oder mal etwas zu spät kommen.

Die Welt dreht sich weiter. Und Du kannst tanzen statt rennen. Lachen statt Grübeln. Atmen und weitergehen.

Lass die Hand um Deine eigene Kehle los, gib die Kontrolle auf. Alles wird ohnehin immer (irgendwann) gut.

Willkommen in der Adlerperspektive.

2 Gedanken zu “Perfekt oder leicht?

  1. Perfekte Zeilen, die den Perfektionismus und deren Auswirkungen an den gedanklichen Pranger stellt *lächel*
    Deine Zeilen mag ich in jedem Satz noch einmal dick unterstreichen und einen Haken dahinter
    setzen. Wieviel leichter ist es doch, dem Leben mit einem Lächeln entgegenzutreten, wenn der Druck nach Perfektion nachlässt und man auch mal Fehler zulassen kann. Die kleinen Fehler und Macken machen uns als Mensch aus und können auch durchaus liebenswert sein. Vielen Dank fürs nochmal bewusstmachen 😉
    Herzliche Grüße
    Heike

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