In den Achtzigern bin ich einem wichtigen Mentor begegnet. Ich war, wie damals viele in meiner Generation, im spirituellen Tourismus unterwegs, suchte bei diversen Seminaren und Gurus meinen Weg. Einer war damals quasi ein esoterischer Superstar. Er hiess Harald und machte von sich reden, weil er eine neue Art der Bewusstseinserweiterung in die Welt brachte. Er hatte die von Robert Monroe entdeckte Hemisphären Synchronisation erlernt und brachte sie von den USA nach Europa. Er trug bunte Hawaiihemden und war unkonventionell. Umstritten war er erst viele Jahre später. In den Achtzigern aber musste man zu ihm gehen, wenn man auf dem „esoterischen“ Weg war.
Harald machte irre Dinge, Bewusstseinsreisen, geleitete Meditationen, entwickelte die mit der speziellen Klangtechnik untermalten Meditations- Cassetten, sprach über verschiedene Ebenen unseres Bewusstseins, brachte den Begriff „Astralreisen“ in die Welt. Viele Menschen suchten den Weg in seine Seminare, knallvoll gefüllte Säle und Vorträge. Ich zweifelte an ihm, ich war immer schon misstrauisch. Aber bei einer Begegnung fand ich ihn dann doch sehr überzeugend und wollte mehr davon.
Da ich schon immer frech und neugierig war, hatte ich es geschafft, dass er mit mir einen Kaffee trinken ging. Denn ich war quasi eine Kollegin, da ich in den Achtzigern schon mein erstes Seminar entwickelte und mich mit ihm austauschen wollte. Ich war extrem aufgeregt ihn persönlich zu treffen, denn er machte damals Readings und man wusste, dass er Telepathie beherrschte. Auch mich hatte er damit schon am Telefon verblüfft – oder sagen wir besser: überzeugt?
Wir hatten einen schönen Austausch, bei dem ich aber super kontrolliert blieb. Nur nicht zu viel denken, denn er könnte ja lesen was ich denke! Kannst Du Dir das vorstellen: Gedankenkontrolle? Unmöglich. Wie eine, die nicht an einen rosa Elefanten denken wollte, dachte ich, genau, nur an den rosa Elefanten. Er muss sich wohl sehr amüsiert haben. Wir blieben an der Oberfläche des Gesprächs. Ich wagte mich nicht genug zu fragen. Und war frustriert darüber.
Dann, in den letzten beiden Minuten unserer Begegnung, fragte ich ihn, was er wohl meinte, was ich brauche. Er schoss den Satz heraus, der mein ganzen Leben auf den Kopf stellen sollte: „Du brauchst hemmungslose Spontanität. Und Lust. Lust bis zum Krachen.“
Ich ging mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht aus dem Hotel in München, in die U-Bahn. Nach Hause. Irgendwas hatte er geöffnet. Es war die Geburtsstunde, die Stunde Null. Es war „mein Satz“. In den Folgejahren, bis heute, war ich hemmungslos spontan. Und die Lust am Leben, am Wirken, am Intervenieren, am Changemaker Dasein, sie war entfacht und wurde nie mehr zurück genommen.
Harald verdanke ich meine gesamte Karriere als Mental Coach. Nicht meinem Studium, den Lehren und Büchern, der Kreativität und dem Schlausein. Es war dieser Satz, der mich quasi ermächtigte, über meine Schatten zu springen und wirklich in die Welt zu gehen, meine Mission zu kreieren und laut hinaus zu brüllen.
Heute, viele Jahre später, es werden wohl etwa 30 sein, habe ich wieder eine Geburtsstunde erleben dürfen. Meine neue Webpage, das neue Coaching steht und es geht noch mehr in die Freiheit. Das WILDE ist in der Welt.
Für mich heisst „GO WILD“ nicht: Ein komisches, kaufbares Outdoor Abenteuer bestehen. Nicht auf den Kilimandscharo wandern oder über das Feuer rennen. Nicht in risikofreudige Expeditionen aufbrechen. Nicht einen Bungee Sprung oder Canyoning machen.
Go wild heisst – radikal authentisch sein. Sich hemmungslos zeigen mit dem was in Dir ist. Zu Deinen Gedanken, Einsichten und Ansichten stehen. Fehler zugeben, Deine eigene Wahrheit aussprechen. Beziehungen beenden, wenn sie uns nicht förderlich sind. Sich frei machen von jeglicher Konvention, Beeinflussung oder Manipulation durch andere. Den eigenen Weg erkennen und nur diesen beschreiten. Die eigene Sprache finden. Selbstverantwortung übernehmen für sich und seine Bedürfnisse. Sich nicht mehr in der Angst verlieren sondern mutig und entschlossen voran schreiten und – Raum, Spielraum einnehmen. Go wild ist eben nicht Go zahm.
In der Geburtsstunde von Go wild denke ich gerne zurück an den wilden Harald, der sich Dinge traute, die niemand sonst tat. Er war herrlich wild. Und er hat mich geschubbst. In das Unbekannte, das Neue, das Aufregende. Ich winde ihm hiermit, etwas verspätet, einen Ehrenkranz.
Aber schau selbst, welche Pflanze da wachsen durfte:
Auf geht’s in die eigene innere Wildnis. Der Adler muss fliegen.
Willkommen in der Adlerperspektive.