Gemeinsam oder ein-sam oder allein und all-ein?

Auf Jersey gibt es etwas, das ich sehr selten irgendwo anders in der Welt erlebt habe: Gestärkte Gemeinsamkeit, Solidarität. Hier schaut man noch aufeinander. Würde jemand einfach hinfallen, kämen sicher ein paar Menschen sofort angelaufen um zu schauen ob sie helfen können. Man nimmt sich im Auto mit, auch ungefragt, man hilft einander, man spricht miteinander. Zugegeben oft nur über das Wetter, aber auch sonst, überall lässt man einander vorfahren, macht den Weg frei, fährt in die kleinen Strassenbuchten um sich die enge Strasse zu teilen. Die Menschen sind aufmerksam und einander zugewandt. Und: Sie sprechen sich auch einfach an. Gerade in den letzten Monaten hatte ich eine Vielzahl neuer Kontakte, die ganz natürlich entstanden.

An meinem freien Tag nach einem besonders anspruchsvollen Coaching lief ich einmal lange am Saum des flachen Meeres bei Ebbe. Der Wind wehte mir durch mein langes Kleid und ich öffnete immer wieder die Arme um ihn um mich herum tanzen zu lassen. Als ich nach zwei Stunden wegen der herein kommenden Flut zurück an die Mole ging, traf ich auf eine kleine Lady die mich anstrahlte und sagte sie habe mir eine Stunde begeistert zugeschaut was ich da mit dem Strand gemacht hätte. Ich sei wie eine Meeresjungfrau da gestanden und gelaufen. Ich musste lachen und sagte ihr, ich würde sie das nächste Mal mitnehmen. Sie war überglücklich und gab mir ihre Telefonnummer. Natürlich werde ich sie anrufen. Das macht man so auf Jersey. Wir teilen uns eine gemeinsame Insel, eine gemeinsame Welt aus Wind, Meer und grossem Himmel. Und jeder hier auf Jersey weiss, dass wir alle im gleichen Boot, alle auf der gleichen Insel zu den gleichen Konditionen leben.

Ich musste viel über das nachdenken – Solidarität. Miteinander. Zusammen und gemeinsam und doch jeder auch frei für sich.

Solidarität wird abgeleitet vom lateinischen solidus für gediegen, echt oder fest; Adjektiv: solidarisch) bezeichnet eine, zumeist in einem ethischen Zusammenhang benannte Haltung der Verbundenheit mit – und Unterstützung von – Ideen, Aktivitäten und Zielen anderer.

Da ich das All-ein-sein sehr liebe war für mich lange nicht klar, dass ich Solidarität so hoch schätze. Und dann haben es mich viele wunderbare Frauen, Freundinnen gelehrt wie schön und wertvoll es sein kann, füreinander einzustehen und einander Halt und Wertschätzung zu sein.

Wie steht es um Deine Verbindungen?

Wie stark lebst Du mit im Leben Deiner Freunde, Mitmenschen?

Gibst Du Deinem Gleichklang einen Raum?

Was verbindet Dich mit Menschen? Welche Menschen ziehen Dich an oder ziehst du an?

Wie empfindest Du Solidarität?

Hast Du mit anderen Menschen gemeinsame Werte oder Ziele?

Ein paar Tage später war ich wieder einmal in meiner liebsten Kathedrale, in der Cathedrale de Saint Croix in Orleans. Durch einen Zufall bekam ich auch hier wieder einen Blick auf die Solidarität. Es wurde eine riesige Messe gefeiert zur heiligen Kommunion. Sehr viele Menschen waren da, unzählige Kinder, viele ethnische Hintergründe. Und doch waren alle miteinander an diesem wunderschönen Ort in einer heiligen, anmutigen Stimmung. Die Lieder wurden lieblich und erheiternd gesungen, die Menschen waren auf wunderbare Weise verbunden. Alle hatten sich schön gemacht für den grossen Tag. Man nickte einander zu. Es gab eine Prozession der Kinder mit einem Elternteil, ich sah viel strahlende Gesichter, berührende kleine Gesten des Miteinander.

Ja, das war schön, diese nonverbale Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Menschen zu sehen, Toleranz zu spüren und Wohlwollen für einen gemeinsamen Zweck.

Wie wäre die Welt, wenn wir alle mal ein bisschen mehr spüren könnten, dass wir auf dem selben Planeten leben, im selben Land, in der selben Stadt, dem selben Lebenszirkel? Würden wir dann nicht alle sehr viel liebevoller miteinander umgehen, einfach weil es doch klar ist, dass wir alle auch miteinander verbunden sind?

In meinem Lebensumfeld gibt es Menschen aus vielen mir ganz fremden Ländern und Kulturen. Ich kann von allen etwas lernen und auch sie an meiner Kultur teilhaben lassen. Wir leben alle, alle auf einer Insel. Sie ist nur manchmal etwas kleiner, wie Jersey, oder etwas grösser, wie Europa.

Wir atmen die selbe Luft, wir trinken das selbe Wasser, wir haben die selben Gene und die selben Bedürfnisse. Wir werden alle geboren und werden sterben.

Vielleicht könnten wir in der Zwischenzeit zwischen Geburt und Tod auch genauso gut für-einander sein statt gegen-einander.

Denn: Eigentlich sehnen wir uns doch alle danach.

Jeder Mensch ist eine Insel, die sich nach der Vereinigung mit dem Festland sehnt.

Geben wir also einander Raum: Den eigenen und den gemeinsamen.

Hier ist eine Übung für morgen. Nimm es Dir vor und halte es 24 Stunden ein: Behandle jeden Menschen, den Du an diesem Tag triffst, als wenn Dein und sein Leben davon abhinge, einander nur Gutes zu sein und zu tun.

Ich bin gespannt auf Eure Erfahrungen!

Willkommen in der Adlerperspektive.

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