Heimweh

Kennst Du Heimweh?

Vor einigen Jahren las ich einmal von einem Homöopathen: Alles Weh ist Heimweh. Darüber dachte ich lange nach. Ob ich Heimweh hatte? Ich musste ehrlich gestehen: Nicht nach dem Ort oder der Landschaft, in der ich geboren und aufgewachsen bin. Aber: Nach Orten, die mein Herz nachhaltig bewegen. Nach Menschen. Nach Düften, nach dem einheimischen Essen. Nach den Erinnerungen, die an einen Ort gebunden sind. Nach den schönen Erinnerungen dort.

Hast Du Heimweh?

Nach was? Nach wem? Tatsächlich nach dem Ort an dem Du geboren bist? Bist Du weit weg gegangen von dem Ort? Was vermisst Du tatsächlich in der Fremde? Nimm Dir ruhig einen Moment Zeit, dem nachzuspüren.

In der vergangenen Woche traf ich einen Südamerikaner, der weniger Latino nicht sein könnte. Voller Innbrunst erzählte er mir, wie sehr er die Schweiz liebt. Er schwärmte von den Bergen, der Landschaft, dem Schnee. Ich konnte sehen und spüren wie geschmeidig und wertschätzend er mit der Umgebung umging. Ein bisschen beneidete ich ihn um dieses Gefühl, dass er sich hier angekommen fühlt und sich vollständig integriert hat. Fast schien es, als ob er mit beiden Armen die Schweiz umarmen will.

Und jetzt bin ich in Hamburg, höre die Möven, den Wind, den Regen. Den „Schnack“ der Norddeutschen. Hier sind Teehäuser und Handelskontore und der Hafen, die grossen Schiffe, die Fischbrötchen, das spitze S über das man in der Sprache stolpert. Die hanseatische Vornehmheit, das kühl-herzliche Gemüt. Ich fühle mich zuhause und plötzlich bekomme ich so einen Heimwehanfall, weil ich spüre, wie mir das oft gefehlt hat. Hier sitze ich in einem Cafe und verstehe jedes Wort am Nachbartisch. Ich muss mich nicht konzentrieren auf die Sprache, es plätschert, es beginnt sich einfach so Raum in meinem Kopf zu machen. Oh wie ich es liebe.

Wo fühlst Du Heimat?

Warum?

Das kann Dir viel über dich erzählen. Es ist das Gesetz der Resonanz, das Dich mitschwingen lässt. Resonanz (von lateinisch „widerhallen“) bezeichnet die Beziehung zwischen zwei schwingungsfähigen Systemen. Ein Schwinger bringt ein anderes System dazu, in dessen Eigenfrequenz mitzuschwingen. Re-Sonanz steht im lateinischen für «resonare» und bedeutet in Deutsch «Widerhallen, Mitschwingen».

In einem Zustand der Resonanz sind wir mit uns selbst, unseren Gefühlen, unserem Körper, anderen Menschen und der Welt in Einklang. Wenn Resonanz fehlt, fühlen wir uns hohl und leer. Resonanz führt zu einem Gefühl und Zustand des Getragenseins und der Geborgenheit in der Welt.

Bei Heimweh also geht es um Fehlen von Geborgenheit. Ein Thema, das gerade in den Tagen um Weihnachten herum ganz besonders in den Vordergrund rückt. Wir lieben die Rituale, rücken mit Menschen zusammen, die uns etwas bedeuten, verbringen „quality time“ miteinander, essen oft gleiche Gerichte, finden uns in der Küche wieder, sprechen miteinander, feiern.

Heimweh also nach einer Zeit, in der wir genügend schöne Erinnerungen haben (und die negativen an diesen Tagen blenden wir aus).

Wo fühlst Du Dich wohl?

Warum?

Was lösen die Begebenheiten bei Dir aus?

Schreibe Dir doch mal auf, was Du magst: Wind? Milde Temperaturen? Scharfes Essen? Vanilleduft aus der Küche? Höflichkeit? Anpackende und praktische Menschen? Tanzen? Singen? Umarmungen? Distanz? Sonne? Berge? Das Meer? Höflichkeit? Etikette? Frost? Durchbeissen? Humor? Poesie? Welche Art der Gewürze? Düfte?

Wenn Du Dich darauf konzentrierst, was Du magst, wirst Du bald wissen, wer Du bist. Und im nächsten Schritt wirst Du auch wissen, wo Du hingehörst. Wo Dein Herz schlägt, wo Du Dich zurücklehnen und geniessen kannst, was ist.

Vielleicht sollte ich doch nach Hamburg ziehen. Oder nach Süd-England. Oder Irland. In die Bretagne. Da wo Wind ist. Die Menschen höflich sind. Man nicht zu nah und nicht zu feurig im Temperament ist. Wo man Bodenhaftung hat. Zusammen Tee trinkt und die Welt beobachtet (statt sie zu beurteilen oder zu kritisieren). Ich mag das. Das mag ich auch in mir.

Schlussendlich kann Dein Heimweh Dich auch an den Ort zurück führen, an dem Du immer zuhause und geborgen bist: In Dein eigenes schönes Herz.

Ich wünsche Dir ganz wunderschöne Weihnachten. Lass Dich fallen, sei geborgen.

Willkommen in der Adlerperspektive.

Sauer macht lustig

Manchmal ist ja eigentlich alles zu viel. Zu viel Arbeit, zu viel gestresste Menschen, zu viele Missverständnisse, zu viel Druck, zu viele Erwartungen.

Im Moment scheint es mir, dass das „zu viel“ überall zu finden ist. In den vergangenen zwei Wochen sah ich viele Menschen am Limit und auch ganz viele, die genug hatten von Streiterei und endlosem Beschleunigen.

Ich kann die Bedingungen nicht ändern. Sie sind manchmal einfach scheinbar gegen uns. Oder doch nicht?

Krisen haben immer auch Wachstumspotential. Man könnte auch über sich hinaus wachsen, in die eigene Kraft kommen. Sich endlich! von unliebsamen Menschen trennen. Oder endlich! den Job wechseln. Oder endlich! weitergehen, wo wir schon viel zu lange geblieben sind. Meistens ist es aber leichter, mit schlechter Laune in der Opferhaltung zu bleiben.

Als Coach sehe ich das oft: Menschen die alles verstehen, totale Einsicht haben. Und dann doch lieber die Umstände schuldig machen, den Partner, die Arbeit, den Druck. Jammern ist einfach. Etwas ändern ist viel schwerer.

Aber muss denn nur aussen geändert werden?

Mitunter reicht es ja, einen Schluss-Strich unter eine unliebsame Situation zu machen und weiter zu ziehen. Aber manchmal steckt hier auch eine Möglichkeit, einen anderen, neuen, inneren Weg zu gehen.


Was, wenn du aus den sauren Zitronen, die dir gerade serviert werden, eine Limonade machst?

Wenn Du einen Schritt zurück machst und Dich fragst: Was macht mich jetzt gerade sauer? Und warum?

Es ist eigentlich ganz einfach: Analysiere die Situation. Was ist es, was Dich gerade stört? Was hat es mit Dir zu tun? Hast Du es provoziert oder begünstigt? Welchen Anteil hast Du daran?

Grundsätzlich ist alles, was Dir gerade sauer aufstösst, von Dir eingeleitet worden. Vielleicht hast Du Dich einmal zu etwas entschieden und es hat sich nicht so entwickelt, wie Du das gerne hättest. Oder Du bist an einem Ort gelandet, den Du falsch gewählt hast. Oder Du hast etwas begünstigt, weil Du nicht rechtzeitig Grenzen aufgezeigt hast. Oder Du hast einen Fehler gemacht.

Ich muss ein bisschen schmunzeln, wenn ich an einer meiner letzten Fehlentscheidungen denke. Ich bin einmal ins Tessin gezogen. Menschen, die mich gut kennen wissen: Ich mag keine Berge (und keine engen Täler). Ich mag die italienischen Sprache und Attitüde nicht. Ich bin ein Nordmensch und mag den Süden nicht. Ich mag keine Hitze. Ich mag kein italienisches Essen. Ich mag keine engstirnigen Menschen. Ich mag keine Vetternwirtschaft.

Und dann war ich da, im tiefsten Süden im Tessin, in einem elend engen Tal mit ausschliesslich italienisch sprechenden Menschen. Wie war ich da nur gelandet? Ich konnte das niemandem vorwerfen, es war meine wahnwitzige Idee gewesen. Und ich bereute es. Aber gleichzeitig amüsierte ich mich. Über mich selbst. Über das Schauspiel, das sich mir dort bot am anderen Ende der Welt. Ich lag gerne im Fluss. Ich ging gerne in die schöne Landschaft. Ich verwilderte und verrohte mehr und mehr. Und irgendwann konnte ich dort ein neues Coaching schreiben, weil das alles mich ungeheuer inspirierte.

Ich hatte aus den Zitronen eine köstlich erfrischende Limonade gemacht. Sie bizzelte ganz laut in meinem Mund. Go-wild-coaching, das ist da entstanden. Aus der dümmsten Situation hat sich da etwas entwickelt, das mich heute noch unglaublich glücklich macht.

Was sind Deine momentanen Zitronen?

Was macht Dich sauer?

Warum?

Und was kannst Du daraus basteln?

Keine Situation in Deinem Leben ist hoffnungslos. Du kannst alles kehren und für dich günstig verändern. Du bist in der Lage etwas zu verwerten, was sich Dir anbietet. Du bist nicht umsonst an diesem Ort gelandet. Etwas an der jetzigen Situation will etwas auslösen in Dir. Finde es heraus! Sieh das Potential! Sieh die Möglichkeiten. Blicke nach oben.

Oder so: Wende Dein Gesicht der Sonne zu, dann fällt der Schatten hinter Dich.

Es ist ganz einfach. Und das Leben ist immer für Dich.

Willkommen in der Adlerperspektive.

Immer mit der Ruhe

In der vergangenen Woche bin ich gerannt. Es war so richtig viel los. Hast Du auch schon gespürt wie plötzlich alles schneller geht? Wie das Jahr, immer und immer, wenn es zu Ende geht, sich unmerklich beschleunigt?

Jedes Jahr nehme ich mir vor, dass ich es nächstes Jahr anders machen werde. Dass ich meine Arbeit zurück nehmen möchte. Mir nicht mehr so viel vornehmen, was ich alles noch tun will. Keine endlosen To-do-Listen mehr. Vielleicht sogar mal Urlaub am Ende des Jahres? Einfach mal alles sein lassen?

Gestern gipfelte der Wahnsinn dann. Ich hatte das Auto voll geladen. Trug alles in die Praxis was ich brauchte. Na, erstmal den Hund rein und auf die Terrasse geschickt. Die Hände waren voll. Ich stellte schnell ab, rannte wieder raus, nahm nochmals zwei schwere Taschen und stand vor der zugefallenen Haustür. Der Hund auf der Terrasse weiss nicht wie man eine Tür öffnet und ich stand da, mit vollen Händen und der Panik, dass die Teilnehmer für meinen Workshop gleich kommen und ich noch alles vorbereiten muss. Wie gut, dass es unter der Terrasse ein stählernes Gitter gibt. Ich nahm mir ein Herz und kletterte hoch. Unnötig zu sagen, dass das verdammt unbequem und schwierig war. Ich hing quasi zwischen Himmel und Erde, als ich meinte, meine Hose ratschen zu hören. Oben stand mein Vierbeiner und starrte mich belustigt an (ich schwöre, Huskies können hämisch grinsen).

Schliesslich hangelte ich mich hoch, etwas desolat und derangiert. Hände waschen, ums Haus laufen, die Haustür offen fixieren, ausladen, vorbereiten. Irgendwann fing ich an zu grinsen und schliesslich lachte ichlaut auf, auf der Suche nach einer Ersatzhose in meinem Praxiszimmer. Es war einfach zu komisch gewesen. Ich bekam das Glucksen nur schwer unter Kontrolle. Solche Anekdoten können mich noch ewig amüsieren.

Aber was war geschehen? Ich hatte zu viel Gas gegeben. Die Übersicht (die Adlerperspektive) verloren. Hatte den Schlüssel in der Küche liegen gelassen. Diesmal war das Problem zu lösen. Aber was, wenn wir in unserer endlosen Hast die wichtigsten Dinge übersehen?

Bist Du noch achtsam?

Nimmst Du Deine Mitmenschen noch wahr?

Hast Du noch Zeit für ein freundliches Wort, einen etwas längeren Blick?

Kannst Du noch entspannt im Auto singen, während Du von A nach B fährst?

Hast Du auch noch Zeit für Ruhe?

Vor ein paar Jahren las ich einen Koan von einer Kundin:

Eile Eile! Ich muss mich beeilen!

Die Beine liegen auf dem Sofa.

Sie hatte inmitten der grössten Hatz eine Vollbremsung gemacht und einen Moment ausgeruht. Wie klug von ihr!

Beobachte Dich: Hetzt Du durch den Tag?

Kannst Du auch mal was weglassen?

Dich zurück lehnen und einen Punkt auf deiner endlos Liste weg löschen?

L a n g s a m k e i t.

Vielleicht kannst Du das tun: Wenn Du diesen Blog gelesen hast (Bravo. Dazu hast Du Zeit genommen) schliesse für ein paar wenige Minuten die Augen und beobachte Deinen Atem im Bauch. Dann mach einen Re-Start. Aber jetzt: Langsam. Bewusst. Konzentriert.

Und: Das Geniessen nicht vergessen.

Eine schöne Woche für Dich!

Willkommen in der Adlerperspektive.

Die warme Jahreszeit

Bist du schon gerüstet für den Winter?

Ich meine nicht Kerzen und Holz und Notvorrat inclusive Campingkocher. Auch nicht die Wintergarderobe und die dicken Stiefel. Und schon gar nicht das ganze Weihnachtsgedöns… ich meine: Schätze.

Welche Schätze hat Dir dieses Jahr bisher gebracht?

Haben sich neue Wege aufgetan?

Hast Du neue spannende Menschen getroffen?

Inspiration erhalten?

Mut und Kraft geschöpft aus dem langen Sommer?

Wer war Dir nah?

Welche Begegnung hat in dir Wärme hinterlassen?

Wen willst Du unbedingt noch ganz oft sehen in diesem Jahr?

Oder gehst Du jetzt schon mit der halben Kraft und bist erstarrt in Befürchtungen und

Voraussagen, unter dem Joch der allgemeinen Angsthaltung, wie denn nun alles weiter gehen wird?

Setz Dich in Ruhe an deinen Tisch und mache eine Liste von Dingen, die dieses Jahr absolut wundervoll waren, die Dich gewärmt und bereichert haben. Menschen, die Du gerne gesehen und umarmt hast. Momente, wie auf einem Konzert, einer Reise, einem speziell schönen Essen im Kreise von lieben Leuten, ein toller Film, ein beglückendes Buch. Was hast Du Wunderschönes erlebt?

Natürlich auch: wen hast Du vermisst? Wen hättest Du gerne gesehen, aber die Zeit war nicht dafür da, die Gelegenheit ergab sich nicht? Welche Bücher und Projekte liegen noch auf dem To-do and to-make-me-happy Stapel?

Rüste Dich für den Winter. Es wird jetzt wieder kälter.

Sorge dafür, dass Dein Winter warm wird, dass er Dich umhüllt mit wertvollen Erinnerungen, dass er dich inspiriert mit Schönem, dass er Dich beschenkt, weil dieses weitere Jahr in Deinem Leben auch wieder ein Geschenk war und ist.

Nutzt Du Deine Zeit auch dafür, das Schöne zu sehen, aufzuzählen, wert zu schätzen?

In der vergangenen Woche war ich mit einer feinen und lustigen Coachee in einem Hotel über dem Vierwaldstätter See. Es war eine herrliche Aussicht, prächtiges Wetter, feines Frühstück und gute und tiefe Gespräche. Wir wertschätzten alles dort. Aber es gab auch einiges, was uns, vorsichtig gesagt, zum Schmunzeln brachte.

Wir wussten aber zu jedem Moment beide, dass es nicht selbstverständlich ist, zwei Tage, mitten in der Woche, in ein schönes Hotel zu gehen, um sich mit Lebensfragen auseinander zu setzen.

Die Aussicht in die Ferne war einfach grandios. Und da standen wir, auf einem Hügel und schauten auf die wunderschöne Landschaft und wussten: Es geht uns gut. Trotz all der Herausforderungen, die unser Leben mit sich bringt. Auch trotz all der Dinge, die nicht so laufen, wie wir sie gerne hätten.

Meine Coachee zeigte ihre Dankbarkeit immer wieder, sie ist ein Mensch, der das noch sehen kann, was für viele, besonders in der Schweiz, so selbstverständlich geworden ist.

Sieh einmal um Dich herum, was du jetzt gerade betrachten kannst.

Dann beobachte Deinen gesunden Körper.

Nimm Deinen Atem wahr.

Spürst Du, wie gut das Leben zu Dir ist?

Schliesse für einen Moment die Augen, atme tief ein und aus. Sag Danke für das was ist. Für alles Gute in Deinem Leben. Für das Wertvolle. Die Menschen. Die Natur. Die Sonne und das Licht. Deine Verbindungen. Deine Möglichkeiten.

Ich schaue auf das Bild von meinem Freund Pan. Es ist so herrlich. Ich will ihn jetzt wirklich bald sehen. Und dann sehe ich das Foto meiner Freundin Jeanne. Der Flug ist schon gebucht. Und meinen Ring an meiner Hand. Sabine freut sich mit mir auf unser Treffen. Die Tasse für Michael werde ich ihm bald bringen. Mein Hund lacht mich an, er freut sich auf den Schnee. Das neue Buch von Gamache liegt hier bereit. Die Kerzen duften schon. Ich habe eine whatsapp von meinem Schatz bekommen.

Und am Weekend sehe ich Kathi, Coco, Leonie, Hella und Susanne. Alles tolle Frauen. Eiiiii, das wird toll.

Mein Winter wird warm.

Wie wird Deiner?

Willkommen in der Adlerperspektive.

Genug ist genug

In der vergangenen Woche wurde ich zu einem Notfall gerufen. Ein Paar, dessen Partnerin schon etwas länger bei mir im Coaching war, hatte einen Streit eskalieren lassen. Es wurde sehr radikal, für meine Begriffe weit über die Grenzen der Toleranz hinaus. Dennoch musste ich beide Seiten hören. Ein Coach verurteilt nicht, er erklärt warum es so weit kommen konnte und sucht Auswege.

In diesem spezifischen Fall rate ich zu einem Ausstieg. Für meinen Geschmack hat das Paar genug für das Gelingen gekämpft. Die Waffen im gegenseitigen Krieg werden immer drastischer und sprengen längst den Rahmen eines normalen Beziehungsdramas. Für mich würde das heissen: Genug. Lass los. Ihr werdet keine Freunde mehr.

Wann ist es genug?

Eine Frage, die auch sonst immer zum Ende des Jahres im Raum steht: Wann haben wir genug? Wann haben wir genug gegeben und genug bekommen? Und auch: Genug eingesteckt, genug verhandelt. Genug ausgehalten.

Keine Frage: Beziehungen brauchen nach einer Weile auch ein bisschen Engagement und Arbeit. Wenn zwei zusammen bleiben, zusammen leben, vielleicht heiraten und eine Familie gründen wollen, dann braucht es viel Anpassung an die Individualität des Anderen. Toleranz. Aber auch: Verhandeln von Grenzen und Regeln. Nichts ist schlimmer als wenn ein Paar sich so sehr anpasst, dass es den anderen total absorbiert und aus 1 + 1 = 1 wird. Dann gibt es keinen Platz mehr für das eigene Fühlen und Denken, dann wird es eine grosse innere emotionale Abhängigkeit – und fällt einer der Partner weg, dann bleibt man halb zurück.

Vor einigen Jahren sagte ein Freundin sehnsuchtsvoll und schwärmerisch zu mir: OH! Wenn ich noch mal die grosse Liebe finde…! … – dann schenke ich ihm mein GANZES HERZ. Ich musste schmunzeln und sagte: Wie dumm von Dir! Dann hast Du keins mehr und er hat zwei, von dem er eins gar nicht braucht.

Wieso sind wir alle so sehr verliebt in diese Träume von der GROSSEN LIEBE die ausserhalb von uns, in einem Partner, einer Partnerin gefunden werden soll?

Vielleicht haben wir alle das Mär vom Prinzen auf dem weissen Pferd zu oft gehört oder die Gesellschaft macht uns weis, dass es das Glück auf Erden nur in der Zweisamkeit gibt.

Bist Du Dir selbst genug?

Gibst du Dir selbst genug Wohlwollen, Anerkennung, Wertschätzung und Liebe?

Hörst du auf deine Bedürfnisse und befriedigst Du Deine Sehnsüchte?

Findest Du ein Umfeld, das Dich nährt, das Dich sehr gut kennt und mit Dir umzugehen weiss, so wie es für Dich stimmig ist?

Hörst Du Deiner inneren Stimme zu?

Was brauchst Du für Dich ganz alleine, dass es für Dich genug ist?

In dem Fall des Beziehungsdramas sagte die Partnerin: Ich brauche es, dass er sich entschuldigt! Das tat er dann. Sogar freiwillig. Dreimal. Aber das war nicht genug. Sie musste wieder und wieder auf ihm herum trommeln. Und auch über Nacht wuchs die Wut auf ihn wieder an und wurde grösser. Es war nicht genug, dass Entschuldigungen auf beiden Seiten ausgesprochen wurden. Und ich muss ihr wieder sagen: Es reicht jetzt! Es ist genug! Lass los. Lass es gut sein.

Wenn genug heisst: Mein Fass ist voll! Ich brauche nicht noch mehr. Wenn es noch mehr wird, wird es überlaufen. Dann kann es auch heissen: Ich kann das geniessen was ich habe. Ich brauche nichts von aussen. Ich brauche grundsätzlich nichts mehr was meinen Seelenfrieden unterstützt.

Und auch: Wenn ich genug habe vom Krieg (mit mir selbst, mit meinem Partner, mit meiner Unzufriedenheit, mit meinem Blick auf die Welt) dann schütte ich das Giftfass aus (auf einer Sonderdeponie, nicht vor die Füsse deines Partners) und versiegle es: Zugang verboten.

Nutze das Fass zur Dekoration in deinem Garten. Aber fülle es nicht mit neuem Schrott, der dir irgendwann um die Ohren fliegt.

Ich wünsche Dir eine wunderschöne Woche in der Du genug von allem bekommst was Du begehrst und wirklich brauchst.

Willkommen in der Adlerperspektive.

Surprise, Surprise

Magst Du Überraschungen?

In der vergangenen Woche durfte ich eine liebe Freundin überraschen und sie war richtig zu Tränen gerührt. Und das hat dann wieder mich berührt. Überraschungen sind toll, wenn sie positiv sind – und der Beschenkte das mag.

Es kann aber auch sein, dass Überraschungen stressen, denn es gibt Menschen, die lieber alles im Blick haben und sich mental auf etwas vorbereiten. Das hat nicht unbedingt mit Kontrollsucht zu tun. Sich überraschen lassen, das geht für einige von uns deswegen nicht, weil sie dann den Plan, den sie insgeheim im Kopf hatten, schlecht loslassen können. Dann bringen die überraschenden Änderungen eine Unterbrechung in der Routine oder dem Ablauf, dem man sich erst wieder neu annähern muss.

Ist der Akt positiv, dann gibt es auch noch die Chance, dass der Beschenkte sich gar nicht an dem freuen kann. Mir wurde einmal eine Hundeschlittenfahrt geschenkt und wir waren schon im Auto, um da hin zu fahren, als mein Freund mir das mitteilte. Ich bat ihn, auf der Stelle umzukehren weil ich das gar nicht mag. Er schloss aus der Tatsache, dass mich ein Husky durchs Leben begleitet, dass mir das Spass machen würde. Aber ich war vollkommen entsetzt, weil mich diese Art von „Sport“ total stört. Wie schade, dass diese Überraschung nicht gelang. Ich hatte ein bisschen ein schlechtes Gewissen, weil er es gut gemeint hatte und ich meinte, mich dafür entschuldigen zu müssen, weil er sich so darauf gefreut hatte mir etwas Schönes zu geben.

In der britischen noblen Welt auf der Insel Jersey sagen meine Kollegen gerne:

„Oh! That’s a suprise!“. Fast in allen Fällen heisst das eigentlich: Oh mein Gott bist Du verrückt geworden, das ist ja furchtbar!

Ich muss ein bisschen schmunzeln. Meine britischen Freunde sagen zu einem Essen auch gerne es würde „interesting“ schmecken, wenn sie es eigentlich grässlich finden.

Nun, wie steht es mit den Überraschungen in Deinem Leben?

Sind sie gelungen?

Magst du lieber andere überraschen oder überrascht werden?

Was ist für Dich eine gelungene Überraschung?

Und welche Überraschung planst Du vielleicht als Nächstes?

Überraschungen sollten behutsam und achtsam eingefädelt werden und Du solltest Dir ganz ganz sicher über die Sache und den Moment und den Beschenkten sein. Nur dann kann das erfolgreich werden. Erkenne in einer Überraschung immer, wieviel Gedanken und Mühe sich der Gönner gemacht hat, dann wird es in jedem Fall eine wertvolle Sache.

Und jetzt, auf in eine neue Woche. Ich wünsche Dir, dass alles was überraschend passiert Dich einfach rundum glücklich macht.

Willkommen in der Adlerperspektive!

Hier ist noch ein schönes Beispiel für eine gelungene Überraschung:

Extravaganz

Letzte Woche lernte ich wieder einmal eine herrlich ver-rückte Frau kennen. Ich hatte sie noch nie vorher gesehen, aber als sie kam, erkannte ich sie sofort als meine Coachee: Sie grinste einmal um den ganzen Kopf und schmetterte mir ein lebendiges lustiges „Hi“ entgegen. Wir hielten uns nicht zu lange mit Höflichkeiten auf. Es ging sofort und ohne Umwege in die Tiefe.

Die sprudelnde Frau offenbarte ihr Leben, ihr Anliegen und ihre Befindlichkeit schnellstmöglich und liess mich teilhaben. Mit-tauchen. Mit-atmen und mit-tanzen. Zu keinem Moment stand sie mit beiden Beinen auf dem Boden der Realitäten, sondern liess sich immer Umwege, Auswege und Schleichwege offen. Ach wie herrlich diese Kapriolen!

Ich musste schmunzeln als sie Haut um Haut abstreifte (wie eine Libelle, viele viele Male) und dann ein kunterbunter riesiger Schmetterling heraus kam. Ob sie landen wird, im Garten ihres Lebens, ist noch nicht zu sagen. Vielleicht zieht es sie auch in neue Spielräume, neue Abenteuer und neue ferne Länder.

Es gibt sie noch, diese Menschen, die ihre Kreativität und Spontanität trotz der Härten des Lebens lebendig halten. Menschen, die sich wagen, sich selbst zu sein, viel zu verlangen, überall ein bisschen mitspielen, weiterziehen, da und dort ein bisschen kosten und sich dann doch wieder umentscheiden. Ich nenne diese Menschen gerne:

Die Extravaganten.

Das Wort kommt aus dem Französischen des 18.Jahrhunderts und heisst in seiner adjektiven Form: „in ausgefallener und oder in übertriebener, überspannter Weise bewusst abweichend und dadurch auffallend“. Betrachtet man es im lateinischen ist es: extravganse…. umherschweifend, unstet, ungereimt handen.

Entlehnt ist die Extravaganz auch beim Vagabund. Einer, der umherschweift und da und dort ein Örtchen sucht, an dem er sich eine Weile vergnügen will um dann weiter zu ziehen, wenn es zu langweilig ist.

Extravaganz ist anstrengend. Aber es ist auch: herrlich. Denn dabei bleibt der eigene Geist, die Augen und die Sinne offen und suchend, auch empfangend. Das ist auch eine Art Tantra: Die Welt suchend begreifen. Für Sensationen offen sein.


Die Coachee hat diese Extravaganz in einer ganz grossen Portion ab bekommen.

Ich freue mich darauf, mit ihr zu tanzen, weil sich diese Haltung auch immer ein bisschen überträgt, wenn man selbst einen Hang dazu hat. Die Coachingarbeit ist dann oft ein ganz besonders inspirierendes Vergnügen für beide Seiten und kann sich in Richtungen entwickeln, die nicht vorherzusehen sind.

Ein kleines bisschen Extravaganz haben wir alle, hast auch Du:

Wohin wandert dein Blick wenn Du durch Deinen Alltag gehst?


Was bewunderst Du?

Was amüsiert Dich?

Wenn Du Dich wagst, diesen drei Fragen einmal ganz bewusst nach zu gehen wirst Du erkennen, dass auch Dein Leben bunt und unvorhersehbar sein kann. Wir lassen uns oft zu wenig von der Lust leiten und geben der Vernunft und den to-do-Listen den Vorrang. Dabei findet das Leben eigentlich da statt, wo unser Herz laut und stürmisch schlägt, wo wir aufjuchzen wollen vor Vergnügen und wo wir uns einen Schritt ins Unbekannte wagen.

Feire diese Woche doch einmal das Ungestüme, das Spannende und das Ungewöhnlichste in Dir selbst. Beobachte Dich: Was amüsiert mich jetzt?

Was macht mein Herz gross und weit, was lässt mich lächeln und tanzen?

Geh dem nach – es bringt dich in neue Spielräume! Und zurück in Dein kindliches und offenes und glückliches Inneres.

Das Leben ist da! Spürst Du wie es Purzelbäume schlägt?

Willkommen in der Adlerperspektive.

Inselfeeling

Magst Du das, auf einer Insel zu sein?

Ich kenne viele Inselmenschen und bei allen ist eins gleich: Sie lieben ihre Insel. Egal ob sie in der Südsee, im Mittelmeer oder im rauen Atlantik sind. Inseln sind Stücke von Land, um die herum das Leben in Form eines Meeres tobt. Inseln sind Rückzugsorte. Inseln reduzieren alles, weil es nur das gibt was auf der Insel ist. Und gleichzeitig geben sie Weite, weil man überall das Meer sehen kann. Sie sind nicht einfach zu erreichen, manchmal kann man gar nicht hin, oder nicht mehr weg. Auf einer Insel kann man abgeschnitten sein vom Rest der Welt. Und vielleicht ist es ja genau das, was den Reiz ausmacht: Auf einer Insel stranden, das heisst: Weg vom Lärm der Welt.

Im Oktober konnte ich um ein Haar die Insel Jersey nicht (mehr) verlassen, weil die Fähre wegen schwerem Sturm eingestellt wurde. Sofort kam ich in Stress, weil ich über die Rückreise nachdachte, die durchgetaktet war. Und auch die weiteren Termine, nach meiner Rückkehr von der Insel, waren schon fest gemeisselt. Allein der Gedanke, dass ich den Takt nicht einhalten könnte war Stress. Und dann machte ich eine Vollbremsung beim Denken: Eben war ich doch noch ganz entspannt und glücklich gewesen, was ist denn nun anders?


Was wäre denn so schlimm daran auf der Insel bleiben zu müssen?

Nichts! Ich liebe meine Insel.

So wie Freunde von mir Bornholm lieben. Ibiza. Fuerteventura. Sardinien. Sizilien. Korsika. Die Capverden. Die Hybriden. Irland!

Allen Inselmenschen ist eines gleich: Sie reisen auf Ihre Lieblingsinsel, weil sie sich zurückziehen möchten, bei sich selbst ankommen, die Welt. soll überschaubar sein. Abgegrenzt, eingegrenzt. Frei, offen, weit. Langsam! OH ja, langsam…

Ich werde nun nicht wieder in das Schwärmen von Jersey geraten, sonst wird dieser Blog zu lange. Aber eins: Jersey ist voller netter Menschen. Weil man auf einer (sehr kleinen) Insel lebt, nimmt man Rücksicht. Man lebt im selben Minikosmos. Man sieht die selben Dinge, erlebt das Gleiche. Man geht mit den Gezeiten. Man nimmt sich Zeit für Begegnung.

Wieviel anders ist unser Alltag. Kompakt und voller Be – z i e h -ungen, Pflichten, Ablenkungen, Aufgaben und to-do’s und endlosen Plänen, Erwartungen von anderen und sich selbst. Nur selten kommen wir hier dazu, uns heraus zu nehmen aus dem Strom der Schnelligkeit und Vielfalt an Aufgaben.

Bei sich selbst sein, atmen, die Dinge zuende denken, sich Zeit nehmen für einen gemeinsamen Augenblick, für den Genuss, für Intimität. Schwer bei all der Fülle, die uns im Alltag umgibt.

Wieviel Inselgefühl können wir in den Alltag retten?

Wo können wir JETZT Inseln schaffen?

Vielleicht so:

Einmal eine Decke in die Mitte des Wohnzimmers legen und darauf ein Picknick mit der Familie nehmen. Stille-Rituale einbauen. Einen Moment ein youtube Motivationsvideo sehen und dabei bewusst atmen… vielleicht dieses hier:

Oder an deinem freien Tag nicht wieder die 100 Haushaltspflichten machen sondern in eine nahe Therme gehen. Oder sich mit Menschen verabreden, mit denen Du Dich immer gut fühlst. Einen sehr guten Film in einem dunklen Kino sehen (da wo alle schweigen und nicht immer wieder auf Pause drücken um sich etwas zu trinken zu holen). Ein Theaterstück. Ein gutes Buch. Ein bewusster Musikgenuss. Deinem Liebsten die Hand halten und einen Moment nah sein.

Oder – das Smartphone ausschalten? Für eine Weile nicht ansprechbar sein?

In den Wald gehen und den Tönen lauschen? Deine Wohnung aufräumen und ausmisten damit wieder Platz für Leere ist?

Es gibt viele Inseln im Alltag. Wir müssen sie integrieren und geniessen.

Trotzdem – wir dürfen auf unsere Inseln reisen so oft wir mögen. Und vielleicht auch einmal dort wegen einem verpassten Flug oder einem Sturm aufgehalten werden.

Als meine Fähre dann doch nach St.Malo ablegte, war ich fast ein bisschen wehmütig. Denn dort angekommen blieb mir kaum Zeit, meinem geliebten Nordatlantik Adieu zu sagen. Ich musste weiter, Richtung Paris, auf die Autobahn. Und tanken musste ich noch. Auf dem Weg ein paar Telefonate machen. An den Mautstationen meine Kreditkarten zücken, im Geist die nächsten Tage durchgehen. Der Alltag, der Kontinent hatte mich wieder im Sog.

Mein Kopf war noch mit Watte ausgefüllt. Oder wie es eine Freundin sagte: Honig im Kopf. Ach, diese Inseltage…

Ich glaube, ich geh heute in eine Therme.

Und wo erschaffst DU Dir deine Insel?

Atmen nicht vergessen.

Willkommen in der Adlerperspektive.