Lass Dich umarmen!

Bist Du auch ein Umarmer?

Welche Berührung tut Dir gut?

Letzte Woche hatte ich die Gelegenheit wieder einmal viele Menschen zu umarmen und dachte gestern, nach der allerbesten Umarmung, wieder einmal darüber nach, was wir tun, um anderen nah zu sein.

Die drei Luftküsse, die in Frankreich und oft auch in der Schweiz üblich sind, waren mir oft zu eigenartig. Man fasst dabei meist Schultern oder Arme des anderen und haucht im besten Fall einen Kuss auf die Wange des anderen, leider aber oft einfach nur in die Luft. Eigentlich kommt es nicht wirklich zum Hautkontakt.

Da ist mir ein Handgeben dann schon lieber, wie es die Deutschen tun, oft sogar mit ausgestrecktem Arm. Aber ich kann beim Kontakt der Hände doch wenigstens Temperatur, Druck, irgendwie auch die Anwesenheit des anderen spüren. So ein Händedruck hat ja auch etwas Ehrliches – man reicht einander die Hand. Wenn ich Hilfe brauche oder der andere mir vermitteln will, dass er da ist, schätze ich diese Hand.

Zurück aber zum Umarmen. Als ich etwas über 20 Jahre alt war, bekam ich meine schönste Umarmung. Es war ein Inder, der mich verabschiedete. Er drückte mich nicht einfach nur, er umschlang mich und für einen Moment spürte ich uns beide gemeinsam atmen.

Viele viele Umarmungen folgten, denn wenn ich die Gelegenheit habe und das Vis-a-vis mir zeigt, dass es offen ist, dann tue ich am liebsten genau das – die Herzen aufeinander legen sozusagen, sich wirklich einen Moment Nähe geben. Kinder, Freunde, Partner und potenzielle Partner umarmt man vielleicht ein bisschen inniger. Dafür gibt es das wunderbar englische Wort „embrace“, schon alleine das Wort hört sich schön an. Ein bisschen wie „ein-atmen“.

Im Italienischen „abbraccio“, auch so ein saftiges Wort, darauf folgt dann bei den Italienern auch gerne mal „bacio“, der Kuss.

Umarmungen bringen uns viel näher und man hört tatsächlich auch mal einen Moment auf zu reden. Die meisten Menschen, habe ich beobachtet, reden nicht beim Umarmen sondern nehmen tatsächlich wahr.

So habe ich über die Jahre gerne und viele Umarmungen gesammelt. Eine innige Art, einander wahrzunehmen. Ich muss ein bisschen schmunzeln, denn eine Weile war es für mich das Kriterium, wen ich in meinen inneren Kreis lasse.

Nie vergesse ich einen sehr scheuen Kunden, der gerne im Gespräch auswich und seine sensible Seite nur selten durchblicken liess. Beim Abschied nach einem langen Coaching war er so beglückt, dass er über seinen Schatten sprang und mich fragte, ob er „mich mal drücken dürfe“. Natürlich durfte er, schliesslich bin ich „Mrs. Umarmung“. Er umarmte mich kraftvoll und sanft und am liebsten wäre ich ein bisschen länger geblieben in diesem Moment.

Vergangene Woche also sammelte ich einen Haufen Umarmungen und genoss es sehr, gross und klein, schmal und kräftig, energiegeladen und schwach waren sie und alle zeigten: ich bin hier, jetzt bei Dir. Gestern durfte ich dann noch die Krönung bekommen von einem Mensch, den ich kaum kenne. Diese Umarmung hat mir wieder einmal gezeigt: Es liegt ein Zauber in der Nähe. Und es ist so leicht, wirklich berührt zu werden.

Eine Umarmung ist nicht nur körperlich spürbar. Wenn wir jemanden in den Arm nehmen, sorgt Oxytocin auch für ein gutes Gefühl im Bauch.

Oxytocin ist ein Neuropeptid, das Gefühle wie Hingabe, Vertrauen und Bindung fördert. Das sind doch genug Gründe für die nächste Umarmung …

Also auf geht’s in die neue Woche. Ich bin gespannt, wie viele Umarmungen sie bereit hält – für uns alle!

„Wir sind alle Engel mit nur einem Flügel. Um fliegen zu können, müssen wir einander umarmen“ Luciano De Crescenzo.

Willkommen in der Adlerperspektive.

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Ein Gedanke zu “Lass Dich umarmen!

  1. Birgit Beckherrn

    Das ist ein schönes Thema; Umarmen, Verbindung, Körperkontakt, Austausch. Ich bin auch ein Umarmer, und sammle auch mit Hingabe die verscheidenen Qualtiäten, Zustände, die in solch einer Begrüßung, Abschied oder einfach nur so- Geste liegen können.
    Auch; wie verändert sich der Kontakt mit der Zeit, wo man sich vielleicht besser kennenlernt, etwas geteilt hat, oder einfach nur sich selber eine Weile zur Verfügung gestellt dem anderen. So dass er merkt, dass er willkommen ist, in seinem Wert geschätzt.

    Die Handgeste der Deutschen nehme ich auch so wahr; es ist auf der einen Seite eine Möglichkeit, formell zu sein, den anderen auf Abstand zu halten, auf der anderen die Verbindung der Hände, mit denen wir ja so viel wahrnehmen. Druck, Haut, Temperatur…

    Doch ich kann dieser Tradition der Luftküsse ebenfalls etwas abgewinnen. Bewegen wir uns so doch in die Aura des anderen, ganz nah dran. Selbst wenn der Hautkontakt sehr gering bleiben sollte, nehme ich doch die Nähe wahr. Auch den Duft. Und gebe meinem Gegenüber die Freiheit, sich nur so weit öffnen zu müssen, wie er das im Moment möchte. Viele fühlen sich ja mit einer wirklichen Umarmung überfordert, sind scheu. Dies ist eine Möglichkeit, sich anzunähern, sich auszuprobieren. Und beim 4. oder 5. Mal wird er dann eventuell doch anders in der Qualität. Wird es eine Umarmung.

    Und eine Stimme kann auch umarmen. Oder sich gemeinsam einer Sache zu widmen. Das schafft auch Verbindung. Und sicher kann da auch Oxytocin ausgeschüttet werden…

    Das Thema wird desto umfassender, je länger man darüber sinniert, merke ich.
    Danke für den Gedankenanstoß und die inspirierenden Worte des Beitrags!

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